Wissenschaftlern der University of California, San Diego, ist es gelungen, eine neue Heilmethode für den Grauen Star zu entwickeln. Statt wie bisher auf einen operativen Austausch der betroffenen Linse zu setzen, bringen die Mediziner das Auge mit der Hilfe von Stammzellen dazu, eine neue Linse auszubilden. Die Methode ist weniger invasiv als der bisherige Goldstandard und kommt komplett ohne Implantat aus. In einer Pilotstudie gelang es, Kindern mit einem angeborenen Grauen Star innerhalb von wenigen Monaten ihr Augenlicht zurückzugeben.


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Bild: DSC_0464-2, Thomas Wood, Flickr, CC BY-SA 2.0

Grauer Star ist der häufigste Grund für Erblindung

Als Grauer Star oder auch Katarakt wird eine Trübung der Augenlinse bezeichnet. Die Bezeichnung Grauer Star stammt von der gräulichen Verfärbung der Linse, die bei Menschen mit fortgeschrittenem Katarakt zu erkennen ist. Die Krankheit ist weltweit eine der häufigsten für Erblindung. In Industrieländern handelt es sich weitestgehend um eine Alterskrankheit, aber besonders in Entwicklungsländern tritt Grauer Star inzwischen auch vermehrt bei Kindern auf.

Der Goldstandard für die Behandlung des Grauen Star ist aktuell eine operative Therapie. Dabei wird die Linse des Auges zerstört, abgesaugt und mit einer Kunstlinse ersetzt. Es existieren unterschiedliche Methoden für diese Operation, die aber alle mit Risiken verbunden sind. Mögliche Komplikationen umfassen beispielsweise Infektionen innerhalb des Auges, Verletzungen der Linsenhinterkapsel mit nachfolgendem Glaskörpervorfall, Schwellungen der Netzhautmitte mit der Gefahr eines “Nachstars” sowie die auf die Operation folgende Erblindung. Während für gewöhnlich mit künstlichen Linsen gearbeitet wird, wird in China derzeit mit im Labor aus Stammzellen gezüchteten Linsen experimentiert. Diese haben aber weiterhin den Nachteil, dass sie operativ implantiert werden müssen.


Verlass auf Selbstheilungskräfte: Linse aus Stammzellen des Auges

Ein Team rund um Kang Zhan von der University of California in San Diego hat nun eine Heilungsmethode für den Grauen Star entwickelt, die weitaus weniger invasiv ist als die bisher genutzten Methoden. Die Idee dahinter ist die Verwendung der im Auge vorkommenden Linsenepithel-Stammzellen, um eine neue Linse auszubilden. Diese Zellen finden sich in der Linsenhaut, die bisher bei den Katarakt-Operationen mit entfernt wurde. Ganz ohne operativen Eingriff kommt auch die neue Methode nicht aus: Zhang und sein Team setzen einen mikrochirurgischen Eingriff ein, bei dem das getrübte Linsenmaterial durch einen winzigen Schnitt seitlich am Auge abgesaugt wird. Bei dem Eingriff bleibt die Linsenhaut unbeschädigt und die in ihr enthaltenen Stammzellen somit erhalten.

Nach dem Eingriff verlassen sich Zhang und seine Kollegen auf die Selbstheilungskräfte des Körpers. Nach vier bis fünf Wochen wächst neues Linsengewebe symmetrisch von den Seiten der Linsenkapsel her ins Innere ein, und nach sieben Wochen entsteht eine neue, bikonvexe Linse. Bei einer Pilotstudie mit zwölf Kleinkindern zeigte sich, dass die Regeneration in vitro deutlich länger dauert als unter Laborbedingungen. Aber dennoch: Nach drei Monaten hatte sich auch bei den jungen Patienten eine neue Linse gebildet. Diese waren anfangs noch recht dünn, bildete sich aber mit Ablauf des achten Monats zu Linsen aus, die einer gesunden Augenlinse in Dicke, Form und optischen Eigenschaften nicht nachstanden. “Die Augen der Kinder erlangten wieder ihre Funktion, sobald die neue Linse die Augenkapsel vollständig ausfüllte”, so die Forscher. Die Methode stellte sich vom Erfolg her genauso dar wie der aktuelle Goldstandard heraus. Gleichzeitig ist aber das Komplikationsrisiko aufgrund des kleinen Einschnitts deutlich geringer.

Auch ältere Menschen sind so therapierbar

Das Team ist überzeugt davon, dass die neue Methode nicht nur bei der Behandlung des Grauen Stars verwendet werden könne. “Unser Erfolg repräsentiert einen neuen Ansatz, wie sich Organe und Gewebe regenerieren lassen – indem wir die Heilkraft unseres eigenen Körpers nutzen”, so Zhang.

Prinzipiell kann die stammzellenbasierte Variante auch bei älteren Menschen eingesetzt werden. Zwar sind bei diesen die Epithelstammzellen in der Linsenhaut weniger aktiv als bei kleinen Kindern, aber sie sind prinzipiell genauso vorhanden. Da sich die Linsenhaut im Alter jedoch verhärtet, müsste vorher eine Methode zur Absaugung des Linsenmaterials ohne Beschädigung der Linsenhaut gefunden werden.

Zhang zeigt sich bezüglich seiner Ergebnisse aber optimistisch: “*Wir glauben, dass unser neuer Ansatz zu einem Paradigmenwechsel in der Katarakt-Chirurgie führen kann und dass dies Patienten künftig eine sicherere und bessere Therapieoption bietet”, erläutert der Mediziner.

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