Wer wissenschaftlich arbeitet oder einfach nur interessiert ist, der kennt das Problem: Außerhalb von Universitätsnetzen oder großen Bibliotheken verstecken sich viele wissenschaftliche Artikel hinter einer Paywall – und zwar einer sehr preisintensiven. Schuld daran sind drei große Verlage Wiley, Elsevier und SpringerNature neben einigen kleineren Verlage den Markt quasi dominieren. Aber auch wissenschaftliche Institutionen müssen zahlen. Jährlich fließen Unsummen von Universitäten und Bibliotheken an diese Verlage. Lizenzgebühren machen inzwischen einen Großteil der Ausgaben solcher Institutionen aus. Ein Konsortium aus 150 deutschen Universitäten, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen möchten dies nicht mehr hinnehmen und arbeiten daran, den Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln zu revolutionieren.


Lizenzen kosten Bibliotheken pro Jahr mehrere Milliarden US-Dollar

Auch wenn es immer mehr Open-Access-Publikationen gibt, nutzen auch weiterhin Tausende wissenschaftlicher Zeitschriften ein Lizenzmodell. Weltweit zahlen akademische Bibliotheken pro Jahr etwa 7,6 Milliarden US-Dollar an Lizenzgebühren für den Zugang zu 1,5 – 2 Millionen Artikeln. Umgerechnet sind das zwischen 3800 und 5000 Euro pro Artikel – so schätzt die Max-Planck-Gesellschaft. Diese Mittel finden sich dann im Umsatz von wissenschaftlichen Verlagen wie Wiley und SpringerNature wieder. Der größte Nutznießer ist jedoch Elsevier. „Etwa 60 Prozent unseres Budgets geht inzwischen an diese drei Verlage. So kann es nicht weitergehen“, so Andreas Degkwitz, der die Bibliothek der Humboldt Universität zu Berlin leitet.


Das „Publish and Read“-Modell

Der Vorschlag des Konsortium namens Projekt DEAL ist einfach: Für jeden Artikel, dessen Erstautor an einer deutschen Universität oder einer deutschen Forschungseinrichtung beschäftigt ist, würde eine bestimmte Summe an die Verlage fällig. Diese Artikel wären dann weltweit verfügbar. Im Gegenzug erhalten die deutschen Institutionen Zugang zu den Online-Inhalten der Verlage. Im Ergebnis wären die zu zahlenden Summen deutlich geringer als die aktuellen Ausgaben für die Lizenzen.

Die entsprechenden Verhandlungen laufen bereits seit mehreren Monaten. SpringerNature und Wiley scheinen dem Modell offen gegenüberzustehen. Beide Verlage haben bereits ähnliche Deals in den Niederlanden gemacht. Der momentane Stand der Verhandlungen sieht eine Gebühr von 1300 bis 2000 Euro vor.

Die Verhandlungen mit Elsevier gestalten sich dagegen schwieriger. Der Verlag ist unter den drei Hauptakteuren der größte, ihm drohen daher auch die meisten Verluste. Elsevier ist grundsätzlich damit einverstanden, dass deutsche Autoren ihre Artikel über eine Gebühr frei verfügbar machen, ist aber nicht bereit, für den Preis Zugang zu den eigenen Inhalten zu gewähren.

Deutsche Universitäten machen Druck

Es gibt noch eine Bedingung, die Elsevier bitter aufstößt: Die Vereinbarung soll öffentlich sein, was dem bisherigen Modell entgegenläuft, Lizenzvereinbarungen geheim zu halten. Transparenz ist dem deutschen Konsortium wichtig und erhöht den Wettbewerbsdruck. In den Niederlanden sind diese Vereinbarungen bereits öffentlich, was enthüllte, dass der Zugang zu Artikeln von Elsevier deutlich teurer als bei der Konkurrenz ist.

Bisher führten ähnliche Verhandlungen in anderen europäischen Ländern stets dazu, dass die Universitäten und Bibliotheken Zugeständnisse machen mussten. Projekt Deal möchte das nicht, und ist notfalls auch bereit, komplett ohne eine Vereinbarung aus den Verhandlungen zu gehen. Mehrere Universitäten sowie das Robert-Koch-Institut haben angekündigt, die Ende des Jahres auslaufenden Lizenzverträge nicht zu verlängern. Sollte diese Drohung Wirklichkeit werden, müsste der Online-Zugang zu Elsevier-Zeitschriften per Fernleihe realisiert werden – oder die Forscher müssten auf illegale Angebote wie SciHub zurückgreifen.

Aber auch wenn der Deal durchkommen sollte, ändert das nichts für Menschen, die auf die Artikel zugreifen wollen und nicht Nutzer einer großen Bibliothek oder mit einer Forschungsinstitution assoziiert sind. Es gibt jedoch andere Initiativen, die sich dafür einsetzen, wissenschaftliche Artikel zum Allgemeingut zu machen.

via ScienceMag

1 Kommentar

  1. werner

    30. August 2017 at 23:00

    Da wäre auch noch der Beuth Verlag zu nennen, der quasi das Monopol auf Normen hat. Die Preise dafür sind einfach nicht nachvollziehbar, das grenzt schon an Wucher, wenn nicht noch schlimmeres.

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