Das britische Wahlsystem stellt den einzelnen Abgeordneten in den Mittelpunkt. Anders als in Deutschland gilt ein reines Mehrheitswahlsystem. Das heißt: Nur wer seinen Wahlkreis direkt gewinnt, zieht auch ins Parlament ein. Da kann es unter Umständen verheerend sein, wenn der eigene Wikipedia-Artikel unschöne Informationen erhält. Dementsprechend groß mag auch die Versuchung sein, dort selbst Hand anzulegen. Die britische Tageszeitung „The Telegraph“ hat sich daher einmal die Einträge sämtlicher Parlamentarier angesehen. Das Ergebnis: Mehr als ein Dutzend Artikel wurden vor den Parlamentswahlen aufgehübscht – und zwar mit IP-Adressen, die sich zweifelsfrei dem Westminster Palace zuordnen lassen.


"Parliament at Sunset" by Mgimelfarb - Own work. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Parliament_at_Sunset.JPG#/media/File:Parliament_at_Sunset.JPG
„Parliament at Sunset“ by Mgimelfarb – Own work. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Parliament_at_Sunset.JPG

Drei Beispiele für verdächtige Löschungen

Dort haben die britischen Abgeordneten ihren Sitz, so dass über die Urheber der Änderungen nicht groß gerätselt werden muss. Die dabei vorgenommenen Änderungen reichen über eine ganze Bandbreite an Themen. So wurde beim Artikel über den ehemaligen Minister Stephen Hammond von der Konservativen Partei der Hinweis entfernt, dass er zu den häufigsten Nutzern des parlamentarischen Chauffeurdienstes gehörte. Im Eintrag des Abgeordnete Gordon Birtwistle von den Liberal Democrats hingegen wurde ein Verweis auf seine Position zur gleichgeschlechtlichen Ehe gelöscht und stattdessen ein eigener Absatz mit dem Titel „Record of Delivery“ hinzugefügt. Dieser liest sich, als wäre er direkt aus einem Wahlkampfflyer übernommen. Im Wikipedia-Artikel über den Labour-Abgeordneten Geraint Davies wiederum fehlt seitdem die Tatsache, dass er rund 4000 Dollar an Steuergeldern für die Renovierung der eigenen Wohnung ausgab.

Parlamentarier aller drei großen Parteien unter Verdacht

Nach Angaben des Telegraphs ließen sich bei Abgeordneten aller drei großen Parteien solche verdächtigen Änderungen nachweisen. Die Parteisprecher wollten sich bisher allerdings nicht zu den Vorwürfen äußern. Einzelne Abgeordnete gaben aber bereits zu Protokoll, dass sie mit den Änderungen nichts zu tun hätten. Eine schlüssige Erklärung, wer aus dem Westminster Palace dann die Artikel bearbeitete, lieferten sie aber auch nicht.


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