Dank des natürlichen Gemischs aus Frisch- und Salzwasser sind Flussmündungen der perfekte Ort für Osmosekraftwerke, die den Konzentrationsgradienten im Wasser zur Gewinnung von Strom nutzen. Im Inneren der Reaktoren solcher Kraftwerke werden Süß- und Salzwasser durch eine dünne, halbdurchlässige Membran voneinander getrennt. Diese Membran lässt Ladungsträger wie etwa Ionen und Elektronen nur in eine Richtung durch. Das Ergebnis ist ein osmotischer Druck, der in Strom umgewandelt werden kann. Forscher:innen haben nun eine neue Membran entwickelt, die diesen Vorgang effizienter machen kann. Und das nicht zu knapp: In ersten Test ließ sich die Leistungsdichte der Osmosezelle durch die neue Membran mehr als verdoppeln.


Energie in Flussmündungen

Theoretische Schätzungen gehen davon aus, dass die weltweit verfügbare osmotische Energie aus Fluss- und Meerwasser rund ein Terawatt ausmacht, das ist mehr als der globale Sonnen- und Windenergiekonsum“ erklären die Forscher:innen rund im Zhijiang Xie von der Guangxi Universität in China. Die Effizienz der Stromgewinnung aus Salzgradienten ist entscheidend von der eingesetzten semipermeablen Membran abhängig.


Es handelt sich dabei um sogenannte Reverse-Elektrodialyse-Membranen (RED). Diese lässt positiv geladene Ionen wie etwa Natrium aus dem Meerwasser ins Süßwasser fließen, um das Konzentrationsgefälle auszugleichen. Das Ergebnis ist ein Spannungsgefälle, das zur Stromgewinnung genutzt werden kann. Dreh- und Angelpunkt sind dabei Nanofluidsysteme, in denen eine hohe Ionenselektivität herrscht und die eine hohe Stromdichte über einen längeren Zeitraum erhalten können.

Neuartige Membran entwickelt

Ein solches System soll ermöglicht werden, in denen Membranen aus miteinander vernetzten und verknüpften Polymeren sowie funktionalen Nanomaterialien zum Einsatz kommen. Die Forscher:innen betonen, dass das Potenzial zur Verbesserung dieser Membranen allerdings weitestgehend erschöpft ist und die Osmosereaktoren, die auf ihnen basieren, so dicht an ihrer Leistungsgrenze sind. Um die Effizienz solcher Systeme zu verbessern, müsste es nicht nur gelingen, die Ionenleitfähigkeit der Membranen zu steigern, sondern auch einen entgegengesetzten Elektronenfluss zu ermöglichen.

Die Forscher:innen rund um Xie haben deshalb eine semipermeable Schichtmembran entwickelt, die aus biologischen Materialien besteht, die eine große Zahl Ionen durchlassen und gleichzeitig lange haltbar ist, ohne dass der Widerstand zunimmt. In dieser Membran sind die Materialien nicht gemischt, sondern abwechselnd übereinander geschichtet. Zum Einsatz kommen dabei abwechselnd ein Zellulosegel und Polyanilin.

Deutlich erhöhte Leistungsfähigkeit

Im Anschluss testeten die Forscher:innen die Membran in einem Wassertank, in dem eine Mündungsumgebung simuliert wurde. Es stellte sich heraus, dass die ionische Leitfähigkeit der Membran bei niedriger Salzkonzentration um das 1,57-Fache höher war als die einer Mischmembran aus denselben Materialien. Der innere Widerstand der geschichteten Membran war 0,99-mal niedriger als der der Mischmembran.

Die Schichtmembran erreichte im künstlichen Meer- und Flusswasser eine Leistungsdichte von 11,7 Watt pro Quadratmeter„, so die Forscher:innen. Damit liegt die Leistungsdichte 2,34-mal über aktuell eingesetzten kommerziellen RED-Systemen. Die Leistungsdichte stieg bei höherem Konzentrationsgradienten sogar noch auf 15,1 Watt pro Quadratmeter an. Nach 16 Tagen Dauerbetrieb lag die Leistung der Schichtmembran noch bei etwa 93,6 Prozent des Ausgangswerts.

Diese erhöhte Leistung der Schichtmembran liegt vor allem daran, dass die Forscher:innen die Kanäle für den Ionen- und den Elektronentransport entkoppelt haben. Das Zellulosehydrogel ist negativ geladen und für den Ionentransport zuständig. Der elektrisch leitfähige Polymer Polyanilin ermöglicht den Elektronentransport. Die Elektronen können dabei auch problemlos in die entgegengesetzte Richtung der Ionen fließen.

Praxistest mit echten Geräten

Das Team entwarf für den Praxistest vier RED-Systeme mit Schichtmembran, die in der Lage sind, elektronische Geräte mit Strom zu versorgen. Spezifisch versorgte die „Salzbatterie“ einen Taschenrechner, LED-Leuchten, einen Timer und eine Uhr mit Strom. „Die anpassbare Gestaltung heterogener Strukturen auf der Basis kostengünstiger und umweltfreundlicher Biomasse-Materialien besitzen ein hohes Potenzial für die verbesserte osmotische Energiegewinnung und somit zur Lösung von Umweltkrisen„, schreiben die Forscher:innen.

via ACS

1 Kommentar

  1. Achmed Khammas

    2. Mai 2024 at 16:02

    An dieser Technologie wird spätestens seit 1929 gearbeitet – hier findet sich eine Zusammenfassung des Standes der Technik bis 2010: https://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_06_11_wasser_salintaetsgradient_hydrosphaere.htm

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