Niemand weiß, wie viele Tonnen Kleidung weltweit pro Tag vom Band laufen, doch mit jedem Stück wächst die Umweltverschmutzung an. Zur Herstellung eines einzigen Baumwoll-Shirts, das die meisten Menschen als »umweltfreundlich« betrachten, werden ca. 5.000 Liter Wasser benötigt, dazu Dünger, Bleich- und Färbemittel. Man muss also nicht einmal zu Kunststofffasern greifen, um an Umweltschäden beteiligt zu sein. Wie wäre es, auf Kleidung aus Pilzen zu setzen?


Pilz-Kleidung wird nicht aus Champions gemacht

Cora Schmelzer züchtet Pilze im elterlichen Keller

Das Thema ist nicht ganz neu, zurteit beschäftigen sich mehrere Firmen und Personen aus aller Welt damit. In den USA erschafft Ecovative sogenanntes Pilzleder, während in Indonesien das junge Unternehmen Mycotech ähnliche Wege geht. Die niederländische Mode-Designerin Aniela Hoitink hat die Firma Mycotex gegründet und möchte den Pilz damit unter die Leute bringen. Auch in Deutschland gibt es Bestrebungen in diese Richtung, wie zum Beispiel von Cora Schmelzer, die an der Hochschule Darmstadt Industriedesign studiert hat und nun einen Abschluss als Master in „Leadership in the Creative Industries“ ihr Eigen nennt. Die junge Frau züchtet Pilzkulturen im Keller ihrer Eltern und sucht Mitkämpfer zur Verwirklichung ihrer Ideen.

Erhitzung auf 100 Grad beendet das Pilzwachstum

Cora Schmelzer möchte ihre Pilze nicht nur auf dem Modesektor, sondern auch in der Baubranche etablieren. Sie hantiert mit Kombucha, Austernpilzen und Zunderschwamm, um robuste Gewebe zu produzieren, die wunderbar leicht sind und eine antibakterielle Wirkung haben. Einige der Textilien, die aus den fadenförmigen Myzelien bestehen, wirken fast wie echtes Glattleder, andere sind flauschig wie Wildleder. Giftig sind sie natürlich nicht, ganz im Gegenteil, sie erweisen sich als hautfreundlich und fühlen sich laut Schmelzer sehr angenehm an. Eine Erhitzung auf 100 Grad beendet das Wachstum der Pilze und macht das Material haltbar. In zwei Wochen wuchert ein Quadratmeter Pilz unter Heizungskeller-Bedingungen.


Kombucha wächst auf Grüntee und Zucker

Die Färbung erfolgt entweder mit Pflanzenfarben, oder der Pilz bleibt einfach so, wie er ist. Die Pflanzen haben teilweise eine eigene ästhetische Färbung, zum Beispiel das zarte Lachsrosa des Flamingo-Austernpilzes. Kombucha wächst auf Grüntee und Zucker, künstlicher Dünger ist nicht nötig. Daraus entstand bei Cora Schmelzer eine elegante Spitzenbluse, die sie mit Öl geschmeidig machte. Auch Schuhe, Kappen, Röcke und Pullover, sogar Schuhsohlen produziert die findige Designerin. Durch die Behandlung mit Glyzerin ergibt sich ein seidiger Oberflächenglanz, Hamsterstroh und Sägemehl sorgen für die Stabilität von Austerpilz-Blöcken. „Wenn die richtigen Menschen zusammenkämen, wäre es sicher ein Erfolg«, sagt Schmelzer. Vielleicht hören wir in Zukunft mehr von ihr.

Quelle: faz.net

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