Magersucht wird oft unterschätzt. Es handelt sich um eine der häufigsten psychischen Erkrankungen bei jungen Frauen. Hinzu kommt, dass sie extrem schwer zu therapieren ist. Neue Hoffnung könnte hier die Substanz Psilocybin bringen, die in sogenannten „Magic Mushrooms“ bekannt ist. Zumindest deutete sich dies in einer ersten Studie an. Bisherige Therapien gegen Magersucht wirken in der Regel nicht, weshalb die ersten Ergebnisse in diese Richtung durchaus vielversprechend sind.


Magersucht ist eine unterschätzte Gefahr

Magersucht ist nicht nur eine häufig auftretende Krankheit, sondern sie hat auch eine hohe Rückfallquote. Etwa die Hälfte der an Magersucht erkrankten Menschen werden trotz erfolgter psychotherapeutischer Behandlung wieder rückfällig. Die Krankheit geht einher mit. einem verzerrten Körperbild, das zu einer panischen Angst vor dem Dickwerden führt. Hinzu kommen Elemente einer Zwangsstörung, was dazu führt, dass es den Betroffenen schwer fällt, die krankhaften Verhaltensweisen und dahinterstehenden Denkweisen zu ändern.


Die Krankhheit ist zudem nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Von den Betroffenen sterben letztlich zwischen 10 und 15 Prozent an ihrer Magersucht bzw. den damit verbundenen Folgen wie Organschäden und Unterernährung. Die Ursachen für die Erkrankung sind noch weitestgehend unbekannt. Es wird vermutet, dass es eine Kombination aus genetischer Veranlagung sowie vorgeburtlichen und frühkindlichen Einflussfaktoren das Risiko erhöht, an Magersucht zu erkranken.

Psilocybin gegen Magersucht

Hinzu kommt, dass verschiedene Studien zeigen konnten, dass Magersüchtige eine gestörte biochemische Reaktion auf den Neurotransmitter Serotonin zeigen. Hier will nun Stephanie Knatz Peck von der University of California in San Diego mit ihrem Team ansetzen. „Es gibt einige Belege dafür, dass Menschen mit Anorexia nervosa eine veränderte Funktion des Serotonin-Rezeptors 2A im Gehirn aufweisen„, so die Forscher:innen. Dieser Rezeptor reagiert auch mit der Droge Psilocybin, die aus den sogenannten „Magic Mushrooms“ stammt. Diese Substanz bewirkt Veränderungen der Wahrnehmung und des Bewusstseins. Außerdem wird die Plastizität der synaptischen Verbindungen gefördert.

In Verbindung mit Psychotherapie hat Psilocybin auch eine therapeutische Wirkung, etwa gegen schwere Depressionen sowie Zwangsstörungen. Auch hier spielen gestörte Serotonin-Signalwirke eine Rolle. „Das stützt die Vermutung, dass die Wirkung des Psilocybins auf diesen Rezeptor auch die Symptome der Anorexie positiv beeinflussen können„, führt das Team weiter aus.

Trip für die Wissenschaft

Dieser Vermutung sind die Forscher:innen nun nachgegangen, indem sie in einer kleinen Phase-1-Studie die Möglichkeit testeten, Psilocybin als Therapiemittel gegen Magersucht einzusetzen. An dieser Studie nahmen zehn Frauen teil, die seit mehreren Jahren an einer Magersucht leiden. Von diesen zehn hatten fünf mindestens einen Versuch hinter sich, ihrer Magersucht mithilfe von Psychotherapie Herr zu werden und waren rückfällig geworden. Sieben von ihnen litten unter einer begleitenden Depression, bei den drei anderen lag eine Zwangsstörung vor.

Die Teilnehmerinnen wurden im Vorfeld psychologisch untersucht und über Psilocybin informiert. Zwei Wochen später erhielten die Teilnehmerinnen je 25 Milligramm reines Psilocybin in Kapselform. Während der etwa achtstündigen Phase, in der die Droge direkt wirkte, wurden sie dann in der Klinik überwacht. Anschließend wurden die Teilnehmerinnen entlassen und absolvierten am Folgetag sowie in der Woche darauf je eine Psychotherapiesitzung. Begleitend dazu wurden sie eine Woche und drei Monate nach der Einnahme noch mal psychologisch und körperlich untersucht.

Vielversprechende Ergebnisse

Die Teilnehmerinnen vertrugen das Psilocybin relativ problemlos. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Zudem empfanden die Patientinnen die Behandlung als positiv. „90 Prozent hatte den Herausforderungen des Lebens gegenüber ein positiveres Gefühl, 80 Prozent bezeichneten die Erfahrung sogar als eines der fünf wichtigsten ihres bisherigen Lebens„, so die Forscher:innen. Sieben der Frauen berichteten von einer allgemeinen Verbesserung ihrer Lebensqualität.

Die objektiven Ergebnisse waren indes wesentlich variabler. Die Psilocybin-Gabe bewirkte signifikante Verbesserung bei Parametern wie der Angst vor dem Dickerwerden sowie der Obsession mit Ernährung und der Figur. Allerdings konnte nur bei vier Probandinnen auch nach drei Monaten eine Besserung bei etablierten Essstörungs-Untersuchungen festgestellt werden.

Das Team bewertet die Studie trotzdem positiv: „Die meisten Teilnehmerinnen berichteten über subjektive Besserung auch noch drei Monaten nach der Psilocybingabe. Dass die Behandlung von den meisten Probandinnen als positiv wirksam betrachtet wurde und dass es keine Aussteigerinnen gab, sind schon vielversprechende Indizien„, schreiben die Forscher:innen. Deshalb halten sie es für sinnvoll, weitere Studien durchzuführen.

via Medscape

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