Es ist eine etwas überraschende Zahl: Bauschutt ist mengenmäßig für rund sechzig Prozent aller deutschen Abfälle verantwortlich. Die gute Nachricht in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass ein Großteil davon vergleichsweise einfach recycelt werden kann. So kann das Material als Schotter im Straßenbau verwendet werden. Ein weiterer Ansatz besteht darin, den Schutt klein gemahlen als Basis für neue Baustoffe zu nehmen. Damit sich der Aufbau einer entsprechenden Recycling-Industrie allerdings lohnt, sind einheitliche Standards wichtig. Die Unternehmen müssen sicher sein können, dass sie die neuen Baumaterialien dann auch bundesweit einsetzen können. Bisher existiert hier aber ein Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen. Seit rund fünfzehn Jahren wird daher an der sogenannten Bauschuttverordnung gearbeitet. Diese soll das Recycling fördern oder zumindest eine umweltgerechte Entsorgung sicherstellen.


Bild: Derzno, CC BY 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/3.0>, via Wikimedia Commons

Die beteiligten Parteien stehen unter Zeitdruck

Inzwischen liegt tatsächlich eine fertige Fassung vor. Den ersten Entwurf der Bundesregierung hatte der Bundesrat noch abgelehnt. Unter Federführung von Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg konnte dann aber ein Kompromiss erzielt und beschlossen werden. Dieser wiederum muss den politischen Spielregeln zufolge nun noch einmal vom Bundeskabinett und dem Bundestag bestätigt werden. Genau hier kommt es nun aber zu Problemen. Denn Horst Seehofer – unter anderem auch Bauminister – verweigerte seine Zustimmung. Seine Begründung: Die neue Verordnung könnte das Bauen unverhältnismäßig verteuern. Damit droht das Projekt der Bauschuttverordnung ein weiteres Mal zu scheitern. Denn bis zum Ende der Legislaturperiode bleibt nicht mehr viel Zeit für eine ordnungsgemäße Verabschiedung. Wenn Seehofer nicht zeitnah einlenkt, kann das Thema erst nach der nächsten Bundestagswahl wieder angegangen werden.

Vertritt Seehofer vor allem bayerische Sonderinteressen?

Dann aber ist unter Umständen eine neue Regierung im Amt, die sich nicht gleich als erstes um die Probleme des Bauschutt-Recyclings kümmern dürfte. Es drohen also weitere Jahre verloren zu gehen. Industrieverbände und Wirtschaftsvertreter drängen daher auf ein Einlenken des Bauministers. Auch sie sind mit dem vorliegenden Entwurf nicht vollständig zufrieden. Dennoch geht die Wirtschaft davon aus, dass eine nicht ganz perfekte Vereinheitlichung der Regelungen immer noch besser ist als der aktuelle Flickenteppich. Auch aus der Politik wurde erhebliche Kritik an Seehofers Entscheidung laut. So wurde die offizielle Begründung in Zweifel gezogen. Stattdessen vermuten viele Beobachter eine Rücksichtnahme auf die bayerische Landesregierung. Denn die Schüttverordnung sah vor, dass kein Bauschutt mehr in ehemalige Kies- oder Sandgruben gekippt werden darf. Genau dies wird in Bayern aber oftmals – in Ermangelung einer eigenen Recycling-Industrie – gemacht.


Via: Handelsblatt

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