Um menschliche Embryonen zu züchten, benötigt man Eizellen, wie etwa bei einer künstlichen Befruchtung. Und man muss sich an ein extensives Regelwerk halten – unter anderen dürfen solche Embryos zu Forschungszwecken in den meisten Ländern nicht länger als bis zum 14. Tag im Labor gezüchtet werden, was unter anderem der Grund dafür ist, dass die Prozesse in der frühen Embryonalentwicklung erst teilweise erforscht sind. Forscher:innen haben nun erstmals menschliche Embrypnen aus Stammzellen gezüchtet und bis zum Gewinn der Gewebe-Differenzierung am Leben erhalten. Dies könnte eine Alternative zu Embryonen sein, die aus Eizellen gezüchtet werden, ist allerdings auch ethisch und rechtlich brisant.


Symbolbild

Durchbruch mit menschlichen Embryos

Die Erzeugung menschlicher Embrypnen aus Stammzellen ist bereits seit einigen Jahren ein Thema. Dabei dient die Stammzelle als Ausgangspunkt – abstelle einer befruchteten Eizelle. Bei einer Stammzelle handelt es sich um eine menschliche Zelle, die noch nicht differenziert ist und etwa aus einem frühen Embryo stammen kann oder durch die Reprogrammierung adulter Zellen gewonnen werden kann.

2022 gelang es einem Team rund um Magdalena Zernicka-Goetz von der University of Cambridge und dem California Institute of Technology, eine Methode zu entwickeln, mit deren Hilfe sie aus Stammzellen Mäuseembryonen heranwachsen lassen konnten, die teilweise bis zu den Anfängen der Organbildung am Leben waren. Sogar schlagende Herzen wurden beobachtet.


Nun hat das gleiche Team den nächsten Schritt vollzogen und diese Methode erstmals auch beim Menschen angewendet. Dazu haben sie aus menschlichen embryonalen Stammzellen synthetische Embryonen gezüchtet. Diese sollen im Labor bis zum 14. Tag herangereift sein und damit das Anfangsstadium der Gastrulation erreicht haben, also die Phase, in der sich drei Keimblätter sowie die ersten Anlagen für Organe bilden.

Das bedeutet, dass die synthetischen menschlichen Embryos nicht so weit entwickelt sind wie das die Embryos der Mäuse waren. Sie weisen weder ein schlagendes Herz noch Darm- oder Nervenzellen auf. Allerdings ließen sich bereits Vorläuferzellen der Keimzellen nachweisen. „Unser humanes Embryomodell ist damit das erste mit allen drei Zelllinien, in dem Amnion und Keimzellen ausgebildet sind„, so Zernicka-Goetz. Zudem verglichen die Forscher:innen die künstlichen Embryos mit ihren natürlichen Gegenparks und stellten fest, dass diese im Hinblick auf ihre genetischen und biomolekularen Merkmalen sehr ähnlich waren.

Rechtlich und ethisch unklare Begebenheiten

Es handelt sich um das erste Mal, dass ein Forschungsteam menschliche Embryos auf diese Art und Weise erzeugt. Man kann also getrost von einem Durchbruch sprechen. Allerdings gibt es bisher noch keinen Fachartikel über die Arbeit der Forscher:innen, der einen Peer Review durchlaufen hat. Ein solcher Artikel soll aber bereits in der Mache sein.

Was auch noch komplett unklar ist, ist die Frage, ob die Embryos sich auch über die 14 Tage hinaus entwickelt hätten, da das Experiment nach gut 14 Entwicklungstagen aus ethischen Erwägungen abgebrochen wurde. Dennoch werden die Ergebnisse der Forscher:innen von Experten als wichtig eingestuft. „Dies hat bedeutende Implikationen. So könnte es ein Modell liefern, mit dem wir die Vorgänge in den ersten 14 Lebenstagen erforschen können. Bisher hatten wir dafür nur Tiermodelle wie Zebrafische und Mäuse„, so Ildem Akerman von der University of Birmingham.

Allerdings zeigt das Experiment auch auf, dass die ethischen und rechtlichen Richtlinien in diesem Bereich auch deutliche Lücken aufweisen. So gelten das deutsche Embryonenschutzgesetz oder auch vergleichbare Gesetze in anderen Ländern nur für menschliche Eizellen, die mithilfe künstlicher Befruchtung entstanden sind, nicht jedoch für aus Stammzellen gezüchtete Embryos. Dies liegt daran, dass das sogenannte Embryomodell aus Stammzellen nicht in der Lage ist, sich so weit weiterzuentwickeln, dass sie implantiert werden könnten. Die Arbeit von Zernicka-Goetz und ihrem Team könnte diese Grenze nun durchbrochen oder zumindest in greifbare Nähe gerückt haben.

Es werden dringend Richtlinien benötigt

Die Schlussfolgerung ist daher, dass wir uns dringend mit der Frage beschäftigen müssen, wie in Zukunft mit solchen aus Stammzellen gezüchteten Embryos umgegangen werden soll. „Einerseits bieten solche Embryomodelle aus menschlichen Stammzellen eine ethische und leichter verfügbare Alternative zu Embryos aus der künstlichen Befruchtung. Andererseits gilt jedoch: Je näher diese aus Stammzellen erzeugten Embryomodelle an die natürlichen menschlichen Embryos herankommen, desto wichtiger ist es, klare Richtlinien für ihre Erzeugung und Nutzung zu haben„, so James Briscoe vom Francis Crick Institute in London.

Aus andere Forschungsteams arbeiteten bereits daran, aus Stammzellen menschliche Embryos zu kultivieren. Diese Forscher:innen brauchen dringend rechtliche und ethische Leitlinien, an denen sie sich orientieren können und die auch verbindlich sind.

via The Guardian

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