Die Vermutung, dass die Demenzerkrankung Alzheimer in seltenen Fällen auch übertragen werden kann, gib es schon seit einer Weile. Mögliche Übertragungswege sind etwa fehlgefaltete Proteinplaques, die über die Transplantation von kontaminierten Hirnhäuten ins Gehirn gelangen. Aber in den letzten Jahren mehren sich auch Hinweise darauf, dass eine Übertragung von Alzheimer in seltenen Fällen auch über das Blut erfolgen kann. Ein Team rund um Gargi Banerjee vom University College London sind dieser Vermutung nachgegangen und fanden fünf Fälle, in denen die Übertragung von Alzheimer über das Blut stattfand.


Brain Scan
Foto: MRT Scans, Gerwin Sturm, Flickr, CC BY-SA 2.0

Alzheimer durch Wachstumshormone

Anhaltspunkte für die Annahme, dass Alzheimer auch über Blut übertragen werden kann, waren Patienten, die wegen Kleinwüchsigkeit im Kindesalter mit menschlichen Wachstumshormonen behandelt wurden, die aus der Hirnanhangsdrüse von Toten gewonnen wurden. Einige dieser Präparate, die 1985 verboten wurden, waren mit Prionen der Creutzfeld-Jakob-Krankheit (CJD) verseucht, andere mit Amyloid-Beta-Proteinen von Alzheimer-Toten.

Daraufhin erkrankten insgesamt mehr als 200 der entsprechend behandelten Patient:innen an CJD. Allein in Großbritannien waren es 80 Menschen. In einigen Fällen fanden Wissenschaftler im Gehirn dieser Patient:innen auch noch Amyloid-Plaques, die für Alzheimer typisch sind. So entstand der Verdacht, dass die behandelten Patient:innen teilweise auch über diese Behandlung mit Alzheimer angesteckt wurden.


Übertragung von Alzheimer über das Blut

Das Team rund um Gargi Banerjee ging dieser Spur nun nach. Die Forscher:innen wollten herausfinden, ob sich über die Übertragung von fehlgefalteten Amyloid-Proteinen tatsächlich Alzheimer auslösen kann. Um diese Frage zu beantworten, werteten die Forscher:innen die medizinischen Daten von acht verschiedenen Patient:innen aus, die als Kind die in Rede stehenden Wachstumshormone erhalten hatten, aber nicht mit CJD angesteckt wurden.

Fünf dieser acht Patient:innen hatten bereits in verhältnismäßig jungem Alter Symptome einer Alzheimer-Demenz. Die Patient:innen waren zwischen 38 und 55 Jahre alt und hatten keine genetische Disposition für Alzheimer. Dennoch traten bei Ihnen für diese Art der Demenz typischen Symptome auf. Bei einem weiteren Patienten fanden sie leichtere Demenzsymptome, die allerdings noch nicht eindeutig als Alzheimer diagnostiziert werden konnten.

Die Forscher:innen sind der Ansicht, dass diese Erkrankungen kein Zufall sind. „ Ihr relativ junges Alter macht eine sporadische Alzheimer-Erkrankung unwahrscheinlich und genetische Ursachen haben wir ausgeschlossen. Deshalb gehen wir davon aus, dass ihre Symptome und Biomarker-Befunde eine Folge der Amyloid-Beta-Übertragung durch die kontaminierten menschlichen Wachstumshormone sind„, schreibt das Team.

Übertragungsmethode ist heute nicht mehr relevant

Die Ergebnisse legen naher, dass Alzheimer auch dann über fehlgefaltete Amyloid-Beta-Proteine übertragen werden kann, wenn diese Proteine nicht direkt ins Gehirn gelangen. Die Proteine können ebenfalls über das Blut ins Gehirn vordringen und dort eine Alzheimer-Demenz verursachen. „Unsere Resultate darauf hin, dass Alzheimer und andere neurologische Erkrankungen auf ähnlichen Prozessen beruhen wie die Creutzfeld-Jakob-Krankheit„, so John Collinge vom University College London, Seniorautor der Studie.

Die gute Nachricht: Die Art der Übertragung, die die Forscher:innen beschreiben, kann heute nicht mehr auftreten. Wachstumshormone werden inzwischen synthetisch hergestellt, ihre Gewinnung aus der Hypophyse toter Menschen ist inzwischen weltweit verboten.

Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass Alzheimer im Rahmen von Aktivität des täglichen Lebens oder bei der normalen medizinischen Pflege übertragen werden kann. Die Patienten, die wir hier beschrieben haben, erhielten eine spezifische und seit langem nicht mehr angewendete Therapie, bei der – wie wir heute wissen – mit krankheitsauslösenden Proteinen kontaminiertes Material injiziert wurde„, so Collinge weiter.

 

via University College London

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