Der Teilchenbeschleuniger am CERN in Genf und das Deutsche Elektronen-Synchrotron in Hamburg sind gewaltige Anlagen, an denen wichtige Grundlagenforschung betrieben wird. Es ist allerdings kein Zufall, dass sie sich jeweils in staatlicher Hand befinden. Denn der Bau solcher kilometerlangen unterirdischen Anlagen kostet Milliarden von Euro. Für private Firmen ist dies nicht wirtschaftlich sinnvoll darstellbar. Dies führt zu der etwas kuriosen Situation, dass in den letzten Jahren viele spannende Dinge entdeckt wurden, die bisher aber nicht kommerzialisiert werden konnten, weil den Firmen kein eigener Teilchenbeschleuniger zur Verfügung stand. Dies will nun das Startup TAU Systems ändern. Gegründet wurde die noch junge Firma durch den in den USA lehrenden deutschen Professor Björn Manuel Hegelich. Das erste Millioneninvestment wiederum kam von Lukasz Gadowski, der hierzulande als Gründer von Delivery Hero bekannt wurde. Wenn man so möchte, handelt es sich also durchaus um ein deutsch-amerikanisches Projekt.


Bild: TAU Systems

Die Kosten machen die Technologie für die Industrie interessant

Technisch betrachtet geht es um eine neuartige Lasertechnologie, die auch als Freie-Elektronen-Röntgenlaser bezeichnet wird. Vereinfacht ausgedrückt schwimmen die Elektronen dabei auf dreidimensionalen Plasmawellen und erreichen so extrem hohe Geschwindigkeiten. Der große Vorteil dieses Ansatzes: Die Maschinen werden deutlich kleiner und preiswerter – sind dafür aber eben auch nicht ganz so leistungsfähig wie die großen staatlichen Forschungsanlagen. So geht Firmengründer Hegelich davon aus, dass eine solche Anlage nur noch zehn bis zwanzig Meter lang sein muss. Die Kosten liegen aktuellen Planungen zufolge im zweistelligen Millionenbereich. Damit wäre die Technologie auch für die Industrie von großem Interesse. So können mit den Mini-Teilchenbeschleunigern etwa einzelne Moleküle gefilmt und fotografiert werden. Dies ist bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten von Bedeutung. Im Idealfall könnten durch die Technologie so weniger und kleinere Testreihen benötigt werden. Pharmafirmen könnten daher zu den ersten Kunden gehören.

2027 sollen die ersten kompletten Anlagen auf den Markt kommen

Der Zeitplan des Unternehmens ist – wie bei vielen Startups üblich – extrem ambitioniert. So sollen schon in zwei Jahren erste Produkte auf den Markt kommen. Ab dem Jahr 2027 ist dann der Verkauf kompletter Mini-Teilchenbeschleuniger geplant. Hegelich betont, dass die grundlegenden Technologien bereits im Labor erprobt wurden. Es geht demnach nur noch darum, sie zu einem marktreifen Produkt zusammenzufügen. Hier stehen vor allem die Themen Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit im Fokus. Die von Gadowski zur Verfügung gestellten 15 Millionen Euro dürften dafür nicht ausreichen. Das Startup befindet sich daher in Gesprächen mit weiteren Investoren. Bisher steht allerdings noch nicht fest, ob ein weiterer Wagniskapitalgeber an Bord kommt oder ob ein Industrieunternehmen als strategischer Investor einsteigt. Für die Zukunft ist zudem auch der Sprung nach Deutschland angedacht. Ausreichend fachliche Expertise ist hierzulande auf jeden Fall vorhanden.


Via: Handelsblatt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.