In den Vereinigten Staaten stehen sich Demokraten und Republikaner in den allermeisten Fragen unversöhnlich gegenüber. Während im US-Senat in der Vergangenheit oft an Kompromissen gearbeitet wurde, steht heute die Abgrenzung im Vordergrund. Beschlüssen werden daher zumeist nur mit knapper Mehrheit gefasst. Da war es schon eine Überraschung, dass es beim Vorsitz der US-Wettbewerbsbehörde namens Federal Trade Commission (FTC) fast schon parteiübergreifende Einigkeit gab. Immerhin 69 der 100 Senatorinnen und Senatoren stimmten für die von Präsident Biden vorgeschlagene Lina Khan. Diese ist erst 32 Jahre alt und somit die mit Abstand jüngste Vorsitzende der einflussreichen Behörde aller Zeiten. Ihre Ernennung ist zudem ein klarer Fingerzeig des politischen Systems in Richtung der mächtigen Tech-Firmen. Denn Khan gilt als entschiedene Gegnerin der Marktmacht von Google, Amazon, Facebook und Co.


New America, CC BY 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/3.0>, via Wikimedia Commons

Khan hat ihre Position schon mehrmals deutlich gemacht

Ihr Argument: Die klassischen Methoden der Wettbewerbshüter reichen nicht mehr aus, wenn es um Firmen geht, die Dienste gratis oder extrem günstig anbieten, um dann mit den gewonnenen Daten Geschäfte zu machen. Schon vor einigen Jahren war Khan daher an einer Untersuchung des US-Kongresses beteiligt. Damals kamen die beauftragten Experten zu dem Ergebnis, dass es sich bei Amazon, Google und Facebook um Monopole handele. Sie schlugen daher „strukturelle Trennungen“ vor – was in der Praxis wohl auf die Aufspaltung der riesigen Konzerne hinausgelaufen wäre. Damals fand sich dafür allerdings noch keine politische Mehrheit. Eine breitere Öffentlichkeit erreichte Khan zudem mit ihrem Artikel „Das Amazon-Paradoxon“, in dem sie konkret aufzeigte, wie Amazon die Schwächen des aktuellen Kartellrechts ausnutzt und den Wettbewerb gezielt unterdrückt. Sie gilt seitdem als führende Persönlichkeit innerhalb der neu entstandenen Neo-Brandeis-Bewegung.

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Die Verbraucher sollen aus einem Dilemma befreit werden

Diese setzt sich unter anderem für eine deutlich aggressivere Strategie gegenüber Digitalkonzernen ein. Khan will so die Verbraucher aus einem Dilemma befreien. Denn diese sind als Nutzer von den kostenlosen Diensten oftmals durchaus begeistert. Gleichzeitig sorgen sie so aber dafür, dass andere Wettbewerber keine faire Chance erhalten. Langfristig entsteht so eine ungesunde Abhängigkeit. Der einzelne Nutzer kann daran aber nur wenig ändern. Khan will daher auf politischer und juristischer Ebene für Veränderungen sorgen. Wie erfolgreich sie dabei sein wird, bleibt aber noch abzuwarten. Denn Experten verweisen darauf, dass ein signifikantes Vorgehen gegen die Tech-Konzerne nur möglich sein wird, wenn zuvor das Kartellrecht entsprechend angepasst wird. Demokraten und Republikaner müssten sich also nicht nur über die grundsätzliche Stoßrichtung einig sein, sondern auch in Detailfragen eine Übereinkunft finden. Die Wahl von Khan könnte man allerdings durchaus als Zeichen interpretieren, dass dies nicht unmöglich sein wird.

Via: Handelsblatt

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