Das Auto gilt seit Jahren als herausragender Verursacher für Feinstaub- und Stickoxid-Emissionen. Seit dem 22. März, dem Ausgangspunkt der Corona-Beschränkungen, verzeichnen wir sehr viel weniger Straßenverkehr, eine willkommene Situation also, um sich die Auswirkungen genauer anzusehen. Das MDR-Magazin »Umschau« hat genau das getan – und kommt zu einem schwierigen Ergebnis.


Sind Autoabgase gar nicht schuld an hohen Feinstaub- und Stickstoffwerten?

Feinstaub erhöht, Stockoxide leicht gesunken

Inzwischen nimmt der Verkehr schon wieder zu, doch in den Wochen der härtesten Beschränkungen gab es einen deutlichen Schnitt. Die Umschau nahm die Werte von über 100 straßennahen Luftmessstationen in Augenschein, die genau aus dieser lauen Verkehrsphase stammen. Zu erwarten wären signifikant niedrigere Verschmutzungswerte, doch diese Annahme erfüllt sich nicht: Die Feinstaubwerte haben sich sogar erhöht und die Stickoxide sind nur sehr leicht gesunken. Das gilt für die Stadt ebenso wie fürs Land. Eine seltsame Erscheinung, die erklärungsbedürftig ist! Verkehrsforscher Prof. Matthias Klingner, der am Fraunhofer Institut beschäftigt ist, äußert dazu eine klare Meinung: »In so einer Situation hat sich gezeigt, dass eben die Ursache für die Feinstaubbelastung nicht der Verkehr ist, dass selbst die Industrie nicht unbedingt die Ursache ist, sondern dass das ganz natürliche Ursachen hat.« Aber stimmt das auch?

DUH sieht die vielen Holzfeuerungen als Ursache an

Dorothee Saar, Leiterin des Bereichs Verkehr und Luftreinhaltung bei der deutschen Umwelthilfe, sieht das kühle Wetter als Grund für diesen unerwartet gegenläufigen Trend. Viele Menschen verbrachten auf dem Höhepunkt der Corona-Krise ihre Zeit in den eigenen vier Wänden – und wegen der niedrigen Temperaturen mussten sie alle die Heizung anwerfen. Die vielen Holzfeuerungen taten nach dieser Theorie ihr Übriges und ließen die Werte steigen.


Oder ist doch der Wetterwechsel schuld?

Auch der Wetterwechsel könnte eine Ursache für die überraschenden Messwerte sein. Im Februar und Anfang März gab es noch zahlreiche Tiefs und häufige Niederschläge, die Luft wurde sozusagen meteorologisch reingewaschen. Danach folgte, ungefähr passend zu den Corona-Beschränkungen, eine warme und trockene Periode. Während solcher Hochdruck-Wetterlagen sammelt sich der Feinstaub in der Atmosphäre an und es kommen höhere Konzentrationen zustande. Die feinen Staubkörner gelangen nun einmal nicht nur durch Autos in die Luft, sondern auch durch Gesteinserosionen und Pflanzen.

Das Bundesverkehrsministerium will die Sache prüfen

Wie dem auch sei: Das Bundesverkehrsministerium ist aufgeschreckt und will nun die Auswirkungen des Individualverkehrs auf die Luftqualität noch einmal genauer prüfen. Klingner hofft sogar darauf, dass es zu Verhandlungen mit der EU kommt, um die engen Grenzwerte zu verschieben oder ganz vom Tisch zu wischen. Aber wer weiß: Vielleicht hätten wir ohne Corona in diesem Jahr noch eine deutlich schlechtere Luft gehabt!

Quelle: mdr.de

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