In den Tiefen des Meeres warten große Mengen an Rohstoffen darauf, erschlossen zu werden, darunter unter anderem Mangan, Kobalt und Sulfid. Der Abbau dieser Rohstoffe ist jedoch nicht unproblematisch. Dabei liegen die Probleme nicht nur in der logistischen Umsetzung des Bergbaus in der Tiefsee, sondern auch in den Folgen, die dieser für das Leben im Meer haben könnte. Eine neue Studie zeigt nun, dass auch hochmobile Arten wie Fische und Garnelen vom Abbau von Rohstoffen unter Wasser über lange Zeit hinweg beeinträchtigt werden.


Keine verbindliche Regeln für den Rohstoffabbau in der Tiefsee

Erste Studien zeigten bereits vermehrt, dass der Bergbau in der Tiefsee nachhaltige Auswirkungen auf die Ökosysteme im Meer haben kann. Teilweise können diese auch 25 Jahre nach Abschluss des Bergbaus noch messbar sein.


Klare Regelungen für den Tiefseebergbau gibt es indes bisher noch nicht. Obwohl es längst an der Zeit wäre. Zuständig ist die International Seabed Authority (ISA). Diese hätte eigentlich bis zum 10. Juli entsprechende Richtlinien erlassen sollen. Passiert ist das jedoch nicht. Das ist vor allem deshalb problematisch, weil nun auch kommerzielle Unternehmen Anträge für den Abbau von Rohstoffen Unterwasser an die ISA stellen können. Bisher war dies nur möglich, wenn das Unternehmen eine Abbaumethode und ihre Folgen erforschen wollte. Nun könnte allerdings in absehbarer Zeit der kommerzielle Tiefseebergbau beginnen – und dass ohne die Existenz verbindlicher Regeln.

Untersuchung mit relativ kleinem Abbautest

Eine Studie aus Japan zeigt nun erneut, dass der Tiefseebergbau weitreichende ökologische Folgen haben kann. Travis Washburn vom geologischen Dienst Japans hat gemeinsam mit seinem Team einen Abbautest von Kobaltkrusten vor der Küste Japans wissenschaftlich begleitet, in dessen Rahmen im Sommer 2020 ein sieben Meter langes und 3,50 Meter breites Abbaufahrzeug eingesetzt wurde.

Dieses hat dann über eine Strecke von 129 Metern auf einer Breite von etwa einem Meter die metallreiche Kruste vom Meeresgrund geschält. Innerhalb von zwei Stunden wurden so etwa 650 Kilogramm Kobaltkruste vom Gipfel eines erloschenen Unterwasservulkans entfernt. Vor dem Test sowie einen Monat und ein Jahr nach dem Abbau ermittelten die ForscheR:innen, welche und wie viele Organismen in einem Umkreis von 200 Metern um die Abbausteller herum vorkamen. Dabei setzten sie einen Tauchroboter mit Kamerasystem ein und entnahmen außerdem Wasserproben.

Weitreichende ökologische Folgen

Dabei stellte sich heraus: Nicht nur in den unmittelbar betroffenen Bereichen des Meeresgrundes ließen sich Veränderungen feststellen, sondern auch in deren erweiterten Umfeld. „Ich habe erwartet, dass wir keine großen Veränderungen sehen würden, weil der Abbautest so klein war„, erklärte Washburn. Allerdings war die Tiefseefauna auch 200 Meter vom Abbaugebiet entfernt noch messbar ausgedünnt – sogar fast genauso sehr wie direkt im Abbaugebiet.

Hinzu kommt, dass entgegen den Erwartungen der Forscher:innen auch hochgradig mobile Arten wie Fischarten, Garnelen und Nesseltiere vom Abbau betroffen waren. „Bisher galten solche mobilen Arten als relativ tolerant gegenüber Störungen, während sessile oder langsam kriechende Tiere weniger widerstandsfähig sind„, so das Team. Schnell schwimmende Tiere sollten eigentlich in der Lage sein, in andere Gebiete auszuweichen. Dei Daten zeigten jedoch, dass das nicht zutrifft. „Ein Jahr nach dem Test waren die Dichten dieser Arten im Anbaugebiet um 43 Prozent und in den angrenzenden Flächen um 56 Prozent verringert„, heißt es in der Studie.

Werden die Konsequenzen unterschätzt?

Es gibt also deutliche Hinweise darauf, dass die Auswirkungen des Tiefseebergbaus bisher eher unterschätzt werden. Die Beeinträchtigungen erstrecken sich auf ein relativ weites Umwelt und betreffen auch Tierarten, die bisher als eher widerstandsfähig galten.

Wir benötigen zwar noch mehr Daten, aber unsere Studie unterstreicht schon jetzt, dass wir diese Aspekte stärker berücksichtigen müssen“, sagt Washburn. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Folgen des Tiefseebergbau noch größer sein könnten als wir bisher dachten. Entsprechend wichtig ist es, dass diese Daten öffentlich werden„, so Washburn.

Die Forscher:innen hoffen, dass die Ergebnisse auch bei den derzeit laufenden Verhandlungen der ISA beachtet werden. Diese tagt aktuell auf Jamaika und diskutiert dort erneut über das künftige Tiefsee-Abbaurecht. Bis es verbindliche Regelungen gibt, werden aber wahrscheinlich noch mindestens 12 Monate vergehen.

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