Schnittstellen zwischen dem menschlichen Gehirn und Computern sind ein Bereich, an dem schon länger intensiv geforscht wird. Eine direkte Verbindung zwischen dem Gehirn und dem Internet ist jedoch bisher noch Zukunftsmusik. Doch genau daran arbeiten Forscher der University of California in Berkeley.


Verbindung direkt ins Internet

Mensch-Maschine-Schnittstellen ermöglichen es etwa Gelähmten, Roboterarme und Prothesen zu steuern oder Spielern, ihre Spielfigur direkt mit ihren Gedanken zu steuern. Während derartige Schnittstellen noch in den Kinderschuhen stecken, denkt die Wissenschaft bereits weiter: In etwa drei Jahrzehnten, so prognostizieren Forscher, soll es möglich sein, Daten vom Gehirn direkt drahtlos in die Cloud zu schicken.


Wenn dies möglich werden würde, könnte quasi jeder Mensch ganz ohne Elektrodenkappen oder Verkabelung Ideen aus seinem Hirn direkt ins Netz schicken – oder auf umgekehrten Weg Informationen abrufen. Forscher rund um Nuno Martins haben untersucht, wie derartige Schnittstellen Wirklichkeit werden könnten.

Dabei könnten laut den Forschern spezielle Nanoroboter zum Einsatz kommen, die im Gehirn als Verstärker und Sender fungieren. Die Idee dahinter kommt von dem Erfinder Ray Kurzweil. Martins und seine Kollegen haben nun sowohl die Methode als auch den zeitlichen Ablauf der Entwicklung konkretisiert.

Nanoroboter machen es möglich

Die Nanoroboter könnten über die Blutgefäße und die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn vordringen und sich dort zwischen oder sogar in den Gehirnzellen platzieren. Sie senden die kodierte Information kabellos zu einem Supercomputer-basierten Cloudnetzwerk„, erklärt Martins die mögliche Funktionsweise der Schnittstelle.

Die Nanosender könnten vorerst mittels magnetoelektrischer Nanopartikel realisiert werden, die bereits heute in der Forschung zum Einsatz kommen. Sie könnte elektrische Signale von Neuronen verstärken, bis sie auch außerhalb des Schädels detektiert werden können.

Dafür müssten die Nanopartikel allerdings erstmal die Blut-Hirn-Schranke überwinden, wie die Forscher einräumen Zumindest dann, wenn man eine risikoreiche Injektion direkt in den Schädelinnenraum vermeiden will. Sollte diese Hürde genommen werden, könnten danach statt der Nanopartikel richtige Nanoroboter eingesetzt werden, die die Schnittstelle im Hirn verwirklichen.

Das Problem Sicherheit

Ein solches System könnte Menschen dazu befähigen, instantan auf das gesamte in der Cloud verfügbare menschliche Wissen zuzugreifen. Das würde die menschliche Intelligenz und Lernfähigkeit signifikant verbessern„, erläutert Martins die Vorteile solcher Schnittstellen.

Auch neue Formen der virtuellen Realität wären mit solchen Systemen realisierbar. Daten aus der Cloud könnten direkt in Hirnsignale umgewandelt werden, sodass die künstlichen Signale nicht mehr von natürlichen unterschieden werden könnten. Diese Vision verdeutlicht auch, wie wichtig es wäre, die Schnittstelle entsprechend abzusichern. Denn ein entsprechend böswilliger Hacker wäre sonst in der Lage, das Gehirn mit künstlichen Signalen hinters Licht zu führen. Auf der anderen Seite wären mit einer entsprechend gesicherten Verbindung ganz neue Formen des Lernens realisierbar.

Zeitplan: Schnittstelle bereits in 30 Jahren?

Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass erste Gehirn-Cloud-Schnittstellen bereits in diesem Jahrhundert verwirklicht werden könnten. „ Es ist durchaus denkbar, dass schon in den nächsten 20 bis 30 Jahren neurale Nanoroboter entwickelt werden, die ein sicheres und instantanes Interface zwischen dem menschlichen Gehirn und nichtbiologischen Computersystemen erlauben„, erläutert das Team.

Aus heutiger Sicht sind solche Visionen allerdings eher eine abschreckende Vorstellung. Die Möglichkeit, Kontrolle über Gedanken und Gefühle auszuüben verbunden mit der Realität, das kein System 100 Prozent sicher ist, ist erschreckend. Bereits heute wirft die Entwicklung in der Nanotechnologie ethische Probleme auf. Die Existenz einer Gehirn-Cloud-Schnittstelle wäre eine enorme ethische Herausforderung.

1 Kommentar

  1. Björn

    25. April 2019 at 13:09

    Wenn man jetzt bedenkt, dass das Militär 20-30 Jahre Vorsprung zu der zivilen Forschung hat . . .

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