Die Stromgewinnung mittels Sonne und Windkraft gilt als tragendes Element der Energiewende. Allerdings unterliegt diese Art der Energie starken täglichen und saisonalen Schwankungen. Wenn diese Schwankungen kurzfristig auftreten, können sie durch spezielle Batterien oder chemische Speichermedien wie Wasserstoff kompensiert werden. Langfristige Schwankungen werden meist durch Pumpspeiche wie etwa Stauseen ausgeglichen. Diese benötigen allerdings viel Platz und sind nicht überall umsetzbar, weshalb die Wissenschaft bereits seit längerer Zeit nach Alternativen sucht. Neben Unterwasserspeichern am Grund von Seen oder Druckluftreservoire im Meeresgrund kommen auch unterirdische Pumpspoeicher in Frage. Diese sind besonders interessant, wenn Sand statt Wasser als Pumpmedium eingesetzt wird.


Bild: Hunt et al.

Sand statt Wasser

Diese Idee stammt von einem Team rund um Julian Hunt vom International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Österreich. Der Gedanke ist, Bergwerke als unterirdische Pumpspeicher mit Sand statt Wasser als Speichermedium zu kombinieren. „Bergwerke haben bereits die nötige Infrastruktur und sind mit dem Stromnetz verbunden, was die Kosten senkt und den Umbau zu solchen Pumpspeichern erleichtert„, so Hunt.

Das Team taufte die Methode auf den Namen „Underground Gravity Energy Storage“ (UGES). Dabei nutzen die Forscher:innen den Höhenunterschied im Minenschacht, um Energie zu speichern und wieder freizugeben. „Bei diesen Schwerkraftspeichern wird das Bergwerk unten mit Sand gefüllt, um bei hoher Nachfrage Strom zu erzeugen. Je tiefer und breiter der Minenschacht ist, desto mehr Energie kann dabei gewonnen werden. Ist dann Strom günstig und genug vorhanden, wird der Sand wieder aus dem Bergwerk an die Oberfläche befördert„, schreibt das Team.


Im Falle von Pumpspeichern mit Wasser werden Turbinen eingesetzt, um die Lageenergie wieder in Strom umzuwandeln. Im Falle der Bergwerks-Speichern mit Sand kommt ein spezielles Aufzugssystem zum Einsatz, in dem Frachtcontainer verwendet werden, die mit einem Rollensystem mit Generator ausgestattet sind, das beim passiven Absenken des Sandes aus der Bewegung und dem regenerativen Bremsen Strom erzeugt. „Solche Permanentmagnet-Motorgetriebe haben eine Effizienz von mehr als 92 Prozent„, so erklären die Forscher:innen.

Der Transport des Sandes ist sowohl an der Oberfläche als auch im Stollen selber automatisiert und findet über autonome Bagger sowie Förderbänder statt. Diese sind elektrisch angetrieben und können damit einen Teil ihrer Energie beim Bergabfahren oder Bremsen wiedergewinnen. Die Forscher:innen beziffern die Effizienz der Bergwerkspeicher auf insgesamt 70 – 80 Prozent.

Teurer als Wasser-Pumpspeicher

Am Beispiel von UGES-Anlagen mit unterschiedlichen Schachthöhen, Sandmengen und Dauer der Speicherzyklen hat das Team errechnet, wie viel Energie derartige Anlagen speichern können. „Ein Projekt mit einem 200 Meter tiefen Schacht, Frachtcontainergrößen von einem mal einem Meter und einer Transportgeschwindigkeit von 0,25 Meter pro Sekunde könnte 0,35 Megawatt Strom erzeugen„, so die Wissenschaftler:innen. Bei einer Tiefe von 1000 Metern und einer Containergröße von vier mal vier Metern beträgt die erzeugte Strommenge bereits 113 Megawatt, was in etwa der Kapazität eines kleinen Wasser-Pumpspeicherkraftwerks entspricht. Solche Bergwerksspeicher könnten zudem mit geothermischer Energiegewinnung kombiniert werden, was die Energiekapazität zusätzlich erhöhen würde.

Die Kosten für die Energiespeicherung in UGES-Anlagen variiert unseren Schätzungen nach zwischen einem US-Dollar pro Kilowattstunde bei 1.500 Meter Schachthöhe und zehn US-Dollar pro Kilowattstunde bei 200 Meter Höhenunterschied„, so die Forscher:innen über die Kosten des Systems. Setzt man diese allerdings in Relation zur Kapazität, so ergeben sich etwa 2.000 bis 4.000 US-Dollar pro Kilowatt, was etwa das Zwei- bis Vierfache eines Wasser-Pumpspeicherkraftwerks beträgt.

Angesichts der geringeren Investitions- und Betriebskosten sollte Letzteres daher Priorität erhalten. Aber wenn ein Wasser-Pumpspeicher aus Platz- und Wassermangel oder ungeeigneter Grundwasserabsicherung nicht möglich ist, dann bietet UGES eine Alternative„, ordnen die Forscher:innen ihre Entwicklung ein. Anders als das Wasser in Wasser-Pumpspeicherkraftwerken stellt der Sand aus den Berkwerks-Pumpspeichern keine Gefahr für das Grundwasser dar, sodass die Speicherstollen nicht hermetisch verschlossen werden müssen.

Bis zu 70 Terawattstunden Kapazität

Um die Wirtschaft zu dekarbonisieren, müssen wir das Energiesystem neu denken und innovative Lösungen auf Basis bestehender Ressourcen finden. Verlassene Bergwerke in Energiespeicher umzuwandeln ist nur ein Beispiel für die vielen möglichen Lösungen. Wir müssen nur ihre Nutzung anpassen“, so Behnam Zakeri vom IIASA, einer der Koautoren des Paper. Erst vor kurzem wurde auch bereits das Potential von Hochhäusern als Energiespeicher untersucht.

Die Forscher:innen schätzen, dass es weltweit etwa eine Kapazität von sieben bis 70 Terawattstunden nutzbarer Bergwerksspeicher gibt. Allein in China gäbe es eine Kapazität von fünf Terawattstunden. In China und den USA sind es 649 und 579 Gigawattstunden. Die Kapazität in Europa betrag e etwa 550 Gigawattstunden, so das Team.

 

via IIASA

1 Kommentar

  1. Achmed Khammas

    31. Januar 2023 at 20:11

    Lage- oder Gravitations-Energiespeicher haben möglicherweise tatsächlich eine Zukunft – aber auf jeden Fall schon heute eine Vergangenheit: https://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_10_04_e_speichern_lageenergie_a.htm

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