Viele Krankheiten sind auf Defekte oder Mutationen in Genen zurückzuführen. Die zum derzeitigen Stand der Medizin als unheilbar geltende Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose etwa ist auf hunderte verschiedene Genmutationen zurückzuführen. Gentherapeutische Methoden gelten als vielversprechende Behandlungsmöglichkeiten für solche Krankheiten. Forscher:innen gelang nun ein großer Schritt in diesem Bereich: Sie fanden eine Methode, mit der ganze Gene in das menschliche Erbgut eingebaut werden können. Bisher war dies nicht möglich.


Gentherapie zur Behandlung von Krankheiten

Eine der gentherapeutischen Ansätze, die für die Behandlung solcher Krankheiten Potenzial haben, ist das sogenannte Prime Editing. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Genschere Crispr/Cas, mit der Genabschnitte von bis zu 200 Basenpaaren in das menschliche Genom eingefügt, entfernt oder ausgetauscht werden können, ohne dass es zu Fehlern kommt. Viele kleinere Mutationen lassen sich so bereits heute gezielt korrigieren.


Bisher war es allerdings nicht möglich, ganze Gene in das Erbgut einzufügen. Diese umfassen in der Regel tausende Basenpaare, was die bisherigen Methoden überforderte. Der Austausch ganzer Gene würde allerdings auch die umliegende DNA weniger beeinträchtigen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die reparierten DNA-Abschnitte richtig reguliert werden.

Weiterentwickelte Methode tauscht ganze Gene

Ein Team rund um David Liu vom Broad Institute am MIT und der Harvard University hat die Methode des Prime Editing bereits 2021 angepasst und zu PASSIGE (prime-editing-assisted site-specific integrase gene editing) weiterentwickelt. Bei diesem Ansatz werden gezielt kurze DNA-Abschnitte in das Genom eingesetzt werden, an die dann sogenannte Rekombinasen anbinden können. Das sind spezialisierte Enzyme, die dann den Einbau längerer DNA-Sequenzen ins Erbgut erleichtern. Diese Methode funktioniert bisher allerdings nur mit einigen Zelltypen im menschlichen Körper. Daher hat das Team nun weitere Anpassungen an der PASSIGE-Methode vorgenommen. Für diese entwickelten sie eine Variante der Rekombinase Bxb1, die schneller arbeitet als das originale Enzym.

Die dadurch entstandene Enzymvariante tauften die Forscher:innen auf den Namen eeBxb1. Diese fügte in durchschnittlich 23 Prozent der Fälle erfolgreich längere DNA-Abschnitte in die Zellen von Menschen und Mäusen ein. Die eePASSIGE getaufte Methode ist damit etwa vier Mal so effizient wie die PASSIGE-Methode. In einigen Zelltypen lag die Effizienz sogar bei 30 Prozent oder mehr.

Dies ist eines der ersten Beispiele für eine programmierbare gezielte Genintegration in Säugetierzellen, die potenziell therapeutisch genutzt werden kann. Bei dieser Effizienz erwarten wir, dass viele, wenn nicht die meisten Gendefekte verbessert oder geheilt werden könnten„, so Liu zu den Ergebnissen.

Universell einsetzbare Gentherapie

Auf diese Weise wären dann Krankheiten wie Mukoviszidose, die sich auf viele unterschiedliche Mutationen zurückführen lässt, mit nur einer einzelnen Methode bei allen Patienten behandelbar, ohne dass individuelle Gentherapien je nach Gendefekt zum Einsatz kommen müssten. Die Betroffenen könnten einfach ein komplett neues, vollständiges Gen erhalten.

Nun geht es vor allem erstmal darum, die Methode aus dem Labor in die Klinik zu übertragen. Das passiert, wie sollte es anders sein, mittels klinischer Studien. Die Forscher:innen wollen nun weitere Vorarbeiten leisten, um die großen DNA-Mengen gezielt an den gewünschten Ort im Körper transportieren zu können.

Aber auch in der Grundlagenforschung sowie für andere medizinische Zwecke könnte eePASSIGE eingesetzt werden. „Dieses System bietet vielversprechende Möglichkeiten für Zelltherapien, bei denen Gene präzise in Zellen außerhalb des Körpers eingefügt werden können, bevor diese an Patienten verabreicht werden. Die hohe Effizienz und Vielseitigkeit von eePASSIGE könnte eine neue Kategorie genomischer Arzneimittel ermöglichen„, so die Forscher:innen.

via Broad Institute

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