1997 schaffte ein Supercomputer erstmals eine Rechengeschwindigkeit von einem Teraflop, was einer Billion Gleitkommaoperationen pro Sekunde entspricht. 2008 wurde dann die Schwelle zu einer Billiarde Gleitkommaoperationen pro Sekunde überschritten, die Menschheit war in der Petaflop-Ära angekommen. Das nächste Ziel lag auf der Hand: Das Erreichen einer Rechengeschwindigkeit von einem Exaflop – einer Trillion Gleitkommaoperationen pro Sekunde. Forscher:innen haben diese Grenze nun durchbrochen und damit eine neue Ära der Supercomputer eingeleitet.


Bild: Symbolbild (Universität Paderborn, Thorsten Hennig)

Eine Trillionen Rechenoperationen pro Sekunde

Eine Geschwindigkeit von einer Trillion Gleitkommaoperationen in der Sekunde ist nur schwer zu begreifen. „Die Dimension dieser Zahl wird deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Universum etwa 1018 Sekunden alt ist. Hätte ein Mensch seit dem Urknall jede Sekunde eine Rechnung ausgeführt, könnte ein Exascale-Rechner die gleiche Arbeit in einer einzigen Sekunde verrichten„, so Christian Plessl vom Center for Parallel Computing (PC2) an der Universität Paderborn.

Für die offizielle Messung der Leistung von Supercomputern wir ein Programm verwendet, das die Lösung für ein großes Gleichungssystem in doppelter (64bit) Genauigkeit berechnet. „Aufgrund der hervorragenden Parallelisierungseigenschaften des Programms können Supercomputer einen sehr hohen Anteil der theoretisch maximal verfügbaren Rechenleistung nutzen„, so Plessl weiter. Mit diesem offiziellen Verfahren wurde die Exaflop-Grenze bisher noch nicht durchbrochen.


Rekordversuch bei Simulation eines Teil des Coronavirus

Plessl und seinem Team gelang es nun aber, diese Grenze in einem für wissenschaftliche Simulationen ausgelegtem Verfahren einzureißen, das speziell auf Geschwindigkeit und Effizienz zugeschnitten ist. Bei dem Verfahren handelte es sich um die „Submatrix Methode zur genäherten Berechnung von Matrixfunktionen“. Diese hat Plessl mit dem Chemiker Thomas Kühne von der Universität Paderborn entwickelt, um chemische Systeme simulieren zu können.

Im Rahmen des Verfahrens werden viele unabhängige Berechnungen auf kleinen, dichten Matrizen durchgeführt. „Genau diese Art von Operationen lassen sich mit sehr hoher Rechenleistung und Energieeffizienz auf besonders leistungsfähigen Supercomputern ausführen, die über GPU-Beschleunigerhardware verfügen„, erklärt Kühne.

Für den Rekordversuch hat das Team die Methode weiter optimiert. Der Versuch fand dann auf dem fünftstärksten Supercomputer der Welt statt, dem „Perlmutter“ am NERSC-Rechenzentrum in den USA. Spezifisch haben sie auf dem System das Spike-Protein des Coronavirus SARS-CoV-2 simuliert. Im Gegensatz zu der offiziellen Messmethode kommt dabei eine gemischte 32/16bit-Präzision zum Einsatz, die einfach ausgedrückt mit ungefähren statt mit exakten Werten arbeitet.

Im Rahmen ihrer Simulation konnte das Team um Pressl und Kühne erstmals das Rechentempo von einem Exaflop erreichen. „Bei der Simulation haben wir im April unter Verwendung von 4.400-GPU-Beschleunigern die Exaflop-Schranke durchbrochen und im rechenzeitkritischen Teil der Anwendung 1,1 Exaflops in gemischter Präzision erzielt„, so Plessl. Insgesamt dauerte die Simulation 42 Sekunden und umfasste 47 mal 10^18 Gleitkommaoperationen. Mit der Simulation stellten die Forscher:innen einen neuen Weltrekord auf.

Grenze zur Exascale fällt

Mit ihrem Weltrekord durchbrechen die beiden Forscher erstmals die Grenze zum Exaflop-Rechnen – was bedeutet, dass auch der offizielle Beginn des Exascale-Zeitalters unmittelbar bevorsteht. „ Aktuell stehen wir unmittelbar vor der Schwelle zum Exascale-Zeitalter. Es wird allgemein damit gerechnet, dass der erste Supercomputer, der die Exascale-Schwelle für 64bit-Gleitkomma-Berechnungen durchbricht, Ende Mai auf der Internationalen Konferenz zum Hochleistungsrechnen, der ISC, in Hamburg öffentlich angekündigt wird„, so Plessl.

Und auch das Team in Paderborn arbeitet bereits am nächsten Schritt. „Der Goldstandard für Atomistische Simulationen in der Chemie und Festkörperphysik ist die Methode der Dichtefunktional-Theorie. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir die Submatrix-Methode auch in diesem Bereich anwenden können„, erklärt Kühne.

via Universität Paderborn

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