Hitze wirkt sich ohne Zweifel auf den menschlichen Körper aus und beeinflusst häufig auch das Denkvermögen. Das gilt auch für Politiker, die nach neuesten Untersuchungen an heißen Tagen besonders unterkomplex in ihren Parlamenten reden. Ob sich das Zuhören dann noch lohnt?


Politische Reden flachen bei Hitze ab

Hohe Temperaturen sorgen für geistige Erschlaffung

Schon 2018 befassten sich US-amerikanische Forscher der Harvard Chan School in Boston mit der Frage, wie sich Hitze auf das menschliche Denken auswirkt. Die Umweltmediziner fanden, wie einige andere Wissenschaftler auch, Beweise dafür, dass hohe Temperaturen für geistige Erschlaffung sorgen. Nun hat ein Forscherteam des Max-Plank-Instituts für Demografische Forschung (MPIDR) tiefer nachgebohrt und die sommerlichen Parlamentsreden von Politikern und Politikerinnen analysiert. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachmagazin »iScience«.

Die Wissenschaftler nahmen für ihre Studie mehr als sieben Millionen Reden unter die Lupe, gesammelt aus acht verschiedenen Ländern: eine Menge Datenmaterial, das aussagekräftig genug sein dürfte. Sie führten automatische Textanalysen durch und verwendeten den Flesch-Kincaid-Lesbarkeitsindex, um die Qualität zu bestimmen. Der Index zeigt an, wie viele Schuljahre eine Person braucht, um einen bestimmten Text zu erfassen. Diese Informationen verknüpften die Forscher mit den jeweiligen Tagestemperaturen.


Bei über 27 Grad Celsius nahm die Qualität stark ab

Bei über 27 Grad Celsius ging es richtig los: Die Reden verloren nachweisbar an Komplexität, die Wörter wurden kürzer und einfacher gestrickt. Ungefähr ein halbes »Verständnis-Schuljahr« liegt zwischen den kühleren und den heißeren Tagen. Bei den deutschen Parlamentsreden stellte das Team fest, dass der Vereinfachungseffekt bei älteren Politikern schon bei niedrigerem Temperaturlevel einsetzte. Bei einer Durchschnittstemperatur zwischen 21 und 24 Grad sank das Niveau bereits ab, während Jüngere »länger durchhielten«. Ab 27 Grad Celsius glichen sich die Ergebnisse der älteren und jüngeren Redenschwinger wieder an.

Männliche Redner schnitten bei höheren Temperaturen schlechter ab als weibliche, allerdings kaum signifikant. Gleichzeitig kamen Politikerinnen in den analysierten Redebeiträgen deutlich seltener zu Wort. Die Forscher mahnen an, dass sich simple Reden auch auf die Entscheidungen auswirken könnten, die an Hitzetagen getroffen werden. An dieser Stelle wären weitere Forschungen nötig.

Quelle: science.orf.at

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