In vielen deutschen Städten gehören elektrische Tretroller inzwischen zum Stadtbild. Diverse Unternehmen bieten die Scooter zum Verleih an: Einfach per App buchen und losrollern. Der Trend ist aus den USA zu uns rübergeschwappt. Während die E-Scooter in vielen deutschen Städten gerade als Teil der Mobilitätswende gehyped werden, hat die kanadische Stadt Montréal entschieden, entsprechende Pilotprojekte nicht zu verlängern und die elektrischen Roller wieder aus dem Stadtbild zu verbannen.


Bild: Arto Alanenpää [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]

Chaos durch Elektro-Scooter

Eric Alan Caldwell sitzt im Stadtrat von Montréal und bezeichne die lokalen Erfahrungen mit dem Scooter-Verleih als „Unordnung“. Das Pilotprojekt mit den Verleihern Lime und Bird lief seit Sommer 2019. Ziel war es, Erfahrungen zu sammeln, um dann im Nachhinein entscheiden zu können, ob die Elektro-Scooter dauerhaft in den Stadtverkehr von Montréal integriert werden sollen.

Für viele Lokalpolitiker wie Caldwell ist die Sache klar: Der Testbetrieb ist furios gescheitert. Laut Auswertung habe sich kaum ein Scooter-Fahrer an die Verkehrsregeln gehalten, sodass eine extra Polizeieinheit nötig wäre, um dem Chaos einigermaßen Herr zu werden. Eine Maßnahme, die die Stadt bisher ablehnt. 


So haben die Scooter-Fahrer das Fahrzeug in 80 Prozent der Fälle nach der Leihe an Orten abgestellt, wo es nicht hätte stehen dürfen und manuell wieder entfernt werden musste. Außerdem wirft Caldwell vielen der Fahrer eine rücksichtslose Fahrweise vor, die zu Problemen im Stadtverkehr geführt habe. In Montréal herrschte für die Scooter außerdem eine Helmpflicht, der sich aber so gut wie keiner der Entleiher unterwarf. Mehr als 320 Bußgeldverfahren in drei Monaten waren das Resultat.

Für Montréal ist jedenfalls erstmal Schluss: Die Metropole will 2020 keine Genehmigungen für den Vertrieb von E-Scootern mehr erteilen. 

Bedarf ist gegeben

Die Kanadier sind mit ihren Erfahrungen nicht allein. Auch in Deutschland ist die Debatte um die E-Scooter und die damit verbundenen Regelungen noch lange nicht ausgefochten – zumal die Gefährte mit parallel steigenden Unfallzahlen einhergehen. 

Aber auch das kanadische Pilotprojekt kam nicht zu einem exklusiv negativen Ergebnis. Von 220.000 registrierten Fahrten endete nicht eine einzige mit einem schweren Unfall.

Die hohe Zahl der Fahrten zeigt außerdem, dass ein Bedarf an derartigen Mobilitätslösungen besteht. In Montréal soll dieser Bedarf durch ein besseres Angebot an Leihfahrrädern sowie weitere Lizenzen für E-Bike-Verleiher befriedigt werden. Letztere sollen aber mehr Abgaben an die Stadt zahlen müssen. Die so erzielten Einnahmen sollen dann in die Fahradverkehrs-Infrastruktur der Stadt reinvestiert werden. 

Via La Presse

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