Jährlich werden rund 3,5 Millionen Tonnen Adipinsäure aus Erdöl hergestellt, meist für die Herstellung von Nylon. Ein Forscherteam aus Leipzig hat jetzt ein Verfahren entwickelt, das völlig ohne Erdöl auskommt. Außerdem wird bei diesem Prozess kein Lachgas frei. Die klassische Nylonproduktion ist für weltweit zehn Prozent der Emissionen dieses Klimagases verantwortlich, das 300 Mal so schädlich ist wie Kohlenstoffdioxid (CO2).


Autos rollen auf Reifen, die meist Nylon enthalten (Foto: Nomadjim/Pixabay)

Basis sind biobasierte Abfälle

„Unser Ziel ist e, die gesamte Produktionskette von Nylon grün zu machen“, sagt Professor Falk Harnisch, Leiter der Arbeitsgruppe Elektrobiotechnologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). „Das ist möglich, wenn wir auf biobasierte Abfälle als Ausgangsstoffe zugreifen und den Syntheseprozess nachhaltig gestalten.“ Das gelingt ihm und seinen Kollegen, die teilweise an der Universität Leipzig arbeiten, mit Hilfe von grünem Strom und Mikroorganismen.


Breiter Einsatz von Nylon

Nylon findet sich in T-Shirts, Strümpfen, Hemden, Seilen und sogar in Fallschirmen und Autoreifen. Es wird zur Hälfte aus Adipinsäure, zur anderen Hälfte aus Hexamethyldiamin hergestellt. Harnisch und sein Team haben sich auf Adipinsäure fokussiert. Doch auch der andere Bestandteil, der heute noch aus Erdöl gewonnen wird, wird künftig auf grüne Art hergestellt. Entsprechende Verfahren entwickeln Forscher an der University of Cardiff in Großbritannien und der Ajou University in Südkorea.

Lignin als Ausgangsmaterial

Das Leipziger Team stellt zunächst Phenol, das traditionell aus Erdöl gewonnen wird, aus Lignin her, einem Abfallstoff aus der Papierproduktion, der weltweit im Millionen-Tonnen-Maßstab anfällt und weitgehend verbrannt wird, trotz seines geringen Heizwertes. In einem ersten Schritt wird Phenol zu Cyclohexanol umgewandelt, einer Vorstufe der Adipinsäure. Dieser Schritt ist mit klassischer Technik äußerst energieintensiv, weil hohe Temperaturen und Drücke nötig sind. Zudem werden dabei Lachgas und CO2 frei. Das Leipziger Team stellt Cyclohexanol in einem elektrochemischen Prozess her, der seine Energie aus grünem Strom bezieht und bei Normaldruck und Zimmertemperatur abläuft. Ein Katalysator aus Rhodium und Kohlenstoff sorgt dafür, dass diese Umwandlung effektiv ist. Der Wirkungsgrad liegt bei 70 Prozent.

Ein Bakterium schafft den Rest

Zur Umwandlung von Cyclohexanol in Adipinsäure das Bakterium Pseudomonas taiwanensis ein. Der gesamte Prozess vom Lignin zur Säure dauert stolze 22 Stunden. Die Ausbeute liegt bei 57 Prozent. Bis zur großtechnischen Umsetzung ist der Weg noch weit, warnen die Forscher vor vorschnellen Erwartungen.

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