Ludwig van Beethoven schied mit 56 Jahren aus dem Leben, zu diesem Zeitpunkt war er schwer krank und höchstwahrscheinlich völlig taub. 9 Symphonien hatte er bis dahin fertig komponiert, seine 10. Symphonie blieb jedoch unvollendet. Sicher hat der begnadete Musiker bis zuletzt um dieses Werk gekämpft, doch lief ihm zum Schluss die Zeit davon. Was würde Beethoven sagen, hätte er am gestrigen 9. Oktober 2021 das Konzert in seiner Geburtsstadt Bonn besucht und dem schlussendlich vollendeten Stück gelauscht?


Bildquelle: Wikipedia, gemeinfrei

Mehr als 40 Musik-Skizzen dienten als Grundlage

Fast 200 Jahre und ein gewaltiger Technologiesprung später hat es endlich geklappt: Die 10. Symphonie ist fertig! Mitgewirkt an diesem Wunderwerk haben verschiedene Musikexperten, eine künstliche Intelligenz und Beethoven selbst. Dabei saß der Komponist zwar nicht mit am runden Tisch, aber seine über 40 Skizzen waren zugegen, die Bruchteile und Fetzen des Stücks enthalten. Forscher rund um die Welt befassen sich seit Jahren damit, doch zu einer realistischen Fertigstellung kam es nie, dafür ist Beethovens Genie einfach zu groß.

Der Musikwissenschaftler Matthias Röder gab den Startschuss für das neue Beethoven-Projekt. Er sammelte 2019 ein starkes Team um sich, dem der österreichische Komponist Walter Werzowa, der Pianist und Musikwissenschaftler Robert Lewin und ein Spezialist für Computertechnik und Musik namens Mark Gotham angehören. Der Direktor des Kunst- und KI-Labors an der amerikanischen Rutgers University, Professer Ahmed Elgammal, gesellte sich ebenfalls hinzu, genauso wie eine fleißige KI, die sich als digitaler Musterschüler erwies. „In einem Punkt sagte einer der Musikexperten im Team, dass die KI ihn an einen ambitionierten Musikschüler erinnert, der jeden Tag übt, lernt und besser und besser wird“, plaudert Elgammal aus dem Nähkästchen.


Auch Schuberts »Unvollendete« ist jetzt vollendet

Zuerst galt es, Beethovens Notizen so vorzubereiten, dass der Computer überhaupt etwas damit anfangen konnte. Dann musste sich die KI gründlich mit Beethovens anderen Werken befassen, um den kreativen Prozess dahinter zu erfassen. Im November 2019 gab es ein erstes Ergebnis, ein paar Minuten Musik, die sich ein ausgewähltes Publikum anhören durfte. Nur sehr versierten Musikexperten gelang es, die maschinengemachten Teile von den Originalen zu unterscheiden. Danach bastelten die Beethoven-Freunde noch zwei Jahre an ihrem Projekt, bis es gestern schlussendlich zur Uraufführung kam.

Auch Franz Schuberts berühmte »Unvollendete«, ein düsteres Stück mit Gänsehauteffekt, ist seit 2019 »fertig«: Hier war ebenfalls ein Computer am Werk, im Zusammenspiel mit dem Komponisten Lucas Cantor.

Quelle: t3n.de

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