Auf der Insel Skye vor dem schottischen Festland gelang PaläontologInnen ein spektakulärer Fund: Im Rahmen von Grabungen fanden sie Relikte des größten Flugsauriers des Jurazeitalters. Das Fossil ist 170 Millionen Jahre alt und war zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht voll ausgewachsen. Dennoch wies das Tier eine Flugelspannweite von 2,50 Meter aus, was für einen jungen Flugsaurier erstaunlich viel ist. Zudem ist das Fossil nahezu perfekt konserviert.


Grafik: Natalia Jagielska

Bisher unbekannte Art

Flugdinosaurier sind die größten Lebewesen, die jemals in der Lage waren zu fliegen. Mehr als 150 Millionen Jahre lang dominierten sie weltweit den Himmel. In dieser Zeit brachte die Evolution Flugsaurier in vielen Arten und Größen hervor. Neben gigantischen Sauriern wie dem Quetzalcoatlus mit bis zu zwölf Metern Flügelspannweite gab es auch frühe Pterosaurier, die kaum die Größe eines Vogels erreichten. Aus der Anfangszeit der prähistorischen Fluggeschöpfe ist indes nicht viel bekannt, da die hohlen Knochen der Tiere mit der Zeit zerstört wurden und es daher kaum Fossilien gibt.

Der Fund des Teams rum um Natalia Jagielska von der University of Edinburgh ist deshalb umso interessanter. Die ForscherInnen fanden das Fossil im Kalkstein einer flachen Felsformation in der Gezeitenzone der Landzunge Brothers Point. Diese liegt im Osten der Insel. Bei dem Fossil handelt es sich sozusagen um einen Zufallsfund: Ein Stück des versteinerten Kieferknochens ragte aus dem Kalk heraus und zog Aufmerksamkeit auf sich.


Nach der Extraktion aus dem Kalkstein wurde der Fund dann im Labor der University of Edinburh freigelegt, gesäubert und unter Einsatz eines Computertomografen ausgiebig untersucht. Das Fossil konnte auf eine Zeit vor 170 Millionen Jahren datiert werden, womit es aus dem mittleren Jura stammt. Es handelt sich um eine bisher noch unbekannte Art der Pterosaurier – die FoscherInnen tauften die Art auf den Namen Dearc sgiathanach, was auf gälisch „geflügeltes Reptil“ bedeutet.

Flugsaurier im Jura waren größer als gedacht

Das Ungewöhnliche an dem Fund ist, dass Dearch sgiathanach im Vergleich zu anderen Funden von Pterosauriern aus dieser Zeit relativ groß. Obwohl das Tier noch nicht voll ausgewachsen war, lag seine Flügelspannweite bereits zwischen 1,90 und 3,80 Metern – das entspricht etwa der Größe eines Albatros und macht die Art zu den größten Pterosauriern, die aus dem Jura bekannt sind.

Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil das Fossil zur Familie der Rhamphorhynchidae gehörte, einer Gruppe der Langschwanz-Pterosaurier. Diese waren bereits im Oberjura wieder ausgestorben und galten als weniger weit entwickelt als die späteren Kurzschwanz-Pterosaurier, die in der Kreidezeit vorkamen.

Das Fossil verrät uns, dass die Flugsaurier schon viel früher größer wurde als wir dachten – lange vor der Kreidezeit„, so Steve Brusatte von der University of Edinburgh, Seniorautor des Papers. Dies ist ein Indiz gegen zwei gängige Hypothesen aus der Paläontologie. Zum einen ging man bisher davon aus, dass erst die Kurzschwanz-Flugsaurier weit genug fortgeschritten waren, um das Fliegen zu lernen. Zum anderen besagt eine weitere Hypothese, dass die Pterosaurier erst größer wurden, als mit Urvögeln eine Konkurrenz aufkam.

Die Ausbreitung der Vögel könnte die Flugsaurier des späten Jura und der Kreidezeit in ökologische Nischen von immer größeren Körpermaßen getrieben haben„, so das Team. Das nun gefundene Fossil zeigt allerdings, dass Flugsaurier bereits vor der Verbreitung von Vögeln an Größe zulegten.

Extrem gut erhaltenes Fossil

Das Fossil von der Isle of Skye weist noch eine weitere Besonderheit auf: Es ist in einem außergewöhnlich guten Zustand. „Pterosaurier sind nur extrem selten so gut konserviert und dann meist nur in Gesteinsformationen in China und Asien„, so Jagielska. Oft werden die Fossilen solcher Tiere zudem durch den Druck des Gesteins um sie herum stark deformiert.

Bei dem gefundenen Fossil ist dies nicht der Fall. „Unser Skelett ist in nahezu perfektem Zustand und fast vollständig. Seine scharfen, für den Fischfang optimierten Zähne haben sogar noch ihren Zahnschmelzüberzug – als wäre Dearc noch vor wenigen Wochen lebendig gewesen„, zeigt Jagielska sich begeistert.

via University of Edinburgh

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