Beim Schutz der Weltmeere wird oftmals ein Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie konstruiert. Dieser Lesart zufolge sorgen Schutzgebiete und Fangquoten dafür, dass die Ausbeute der Fischer immer weiter reduziert wird. Eine neue Studie des Meeresbiologen Enric Sala zeigt nun aber: Die Realität ist deutlich komplexer als es diese vereinfachte Gegenüberstellung suggeriert. Denn mithilfe von Modellrechnungen wurde nachgewiesen, dass die gezielte Ausweisung von Meeresschutzgebieten zwar tatsächlich auf der einen Seite beim Kampf gegen das Artensterben und den Klimawandel helfen kann. Auf der anderen Seite könnte aber eben auch die Menge an gefangenem Fisch um mehr als acht Millionen Tonnen jährlich steigen. Konkret müssten den Forschern zufolge rund dreißig Prozent der Ozeangebiete unter Schutz gestellt werden. Dies bedeutet, dass dort keine Fischerei, kein Bergbau und keine sonstigen das Ökosystem bedrohenden Tätigkeiten mehr möglich sind.


Ozean
Symbolbild
Foto: The Atlantic Ocean, Milan Boers, Flickr, CC BY-SA 2.0

Meeresschutzgebiete haben drei große Vorteile

Gelänge es tatsächlich dieses Ziel bis zum Jahr 2030 zu erreichen, brächte dies drei gewichtige Vorteile mit sich:

1. Die Artenvielfalt bleibt erhalten: Durch die gezielte Ausweisung der Gebiete könnten bis zu achtzig Prozent des Lebensraums von gefährdeten Tier- und Pflanzenarten geschützt werden. Diese erhalten dadurch die Chance sich zu erholen. Auf diese Weise könnte ein wichtiger Beitrag zum Kampf gegen das weltweite Artensterben geleistet werden.


2. Die Meeresböden speichern CO2: Durch Aktivitäten am Meeresboden – etwa Schleppnetze von Fischern – wird das dort gespeicherte CO2 freigesetzt. Die Ozeane werden dadurch saurer und nehmen weniger Treibhausgase aus der Luft auf. Die logische Folge: Die Konzentration der Gase in der Atmosphäre nimmt zu. Umgekehrt funktioniert der Trick aber auch: Lässt man die Böden schlicht in Ruhe, dienen sie als Kohlenstoffsenken und helfen so beim Klimaschutz.

3. Die fangbaren Fischbestände steigen: Dies ist der vielleicht überraschendste Befund der Studie. Doch der dahinter stehende Mechanismus erscheint durchaus einleuchtend. Denn wenn sich die Fischbestände in den Schutzgebieten erholen können, breiten sie sich irgendwann auch in die angrenzenden Gebiete aus. Dort können sie dann gefangen werden, ohne die Basis der Population zu zerstören. Die Fangmenge ließe sich so dauerhaft und nachhaltig erhöhen.

Globale Veränderungen betreffen auch vorbildliche Schutzgebiete

So erfreulich die Ergebnisse der Studie zunächst sind, gibt es doch noch einige Unwägbarkeiten. Zum einen müssten dafür die Staaten der Weltgemeinschaft an einem Strang ziehen und einen wirksamen Schutz sicherstellen. Die von den Forschern ausgewählten besonders schützenswerten Gebiete liegen aber unter anderem im Hoheitsgebiet der Türkei, Saudi-Arabiens, Myanmars, Eritreas oder des Sudans. Es ist fraglich, ob die dortigen Regierungen einen so starken Fokus auf den Schutz der Meeresgebiete legen können oder wollen. Außerdem könnte ausgerechnet der Klimawandel das Konzept an seine Grenzen führen. Denn auch Schutzgebiete sind natürlich von globalen Veränderungen betroffen. Steigende Wassertemperaturen und immer saurer werdende Ozeane bleiben also auch dort nicht ohne Folgen. Unter Umständen ersticken dann auch in den Meeresschutzgebieten die Fische an Sauerstoffarmut. Genau genommen ist dies aber eher ein Argument dafür, eher heute als morgen mit der Einrichtung der Schutzgebiete zu beginnen.

Via: Tagesspiegel

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