Der menschengemachte Klimawandel und seine Ursachen sind kein neues Phänomen. Tatsächlich wurde das Thema in den Vorstandsetagen vieler Öl- und Gaskonzerne bereits in den 1950er Jahren diskutiert. Die Unternehmen finanzierten damals sogar Studien, um die Problematik besser zu verstehen. Federführend war hier der Lobbyverband „American Petroleum Institute“ – kurz: API. Spätestens in den 1960er Jahren schien es dann keinen Zweifel mehr zu geben. So sprach der API-Präsident schon im Jahr 1965 von deutlichen Klimaveränderungen bis zum Jahr 2000. Wenige Jahre später war dann in einem Bericht von schmelzenden Polkappen, steigenden Meeresspiegeln und ernsthaften Umweltschäden die Rede. Diese Prognosen erwiesen sich – wie man heute weiß – als äußerst akkurat. Die Öl- und Gaskonzerne leiteten aus diesen Erkenntnissen allerdings keine Anpassungen für ihr Geschäftsmodell ab. Stattdessen wurden weiter fossile Energieträger in großen Massen gefördert und verbrannt. Gleichzeitig versuchten Lobbyverbände, Zweifel an der Klimaforschung zu säen und Gesetzgebung in Sachen Klimaschutz zu verhindern.


Foto: Earth, Kevin Gill, Flickr, CC BY-SA 2.0

Die Aktivisten betreten rechtliches Neuland

Genau dieses Verhalten wirft eine Gruppe von jungen Klimaaktivisten nun dem britischen Konzern BP vor. Dafür haben sie einen detaillierten Bericht erarbeitet, der aufzeigen soll, dass Mitarbeiter des Konzerns wissentlich den Klimawandel weiter befeuert haben, ohne die fatalen Folgen zu berücksichtigen. Demnach wurden also Profite wider besseren Wissens vor das Allgemeinwohl gestellt. Dies werten die Aktivisten als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und fordern daher nun eine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Rechtlich betreten sie damit Neuland. Denn im Römischen Statut, das die Grundlage des Internationalen Gerichtshof bildet, ist von Klimaverbrechen keine Rede. Allerdings wird dort von „andere[n] unmenschliche[n] Handlungen ähnlicher Art, mit denen vorsätzlich große Leiden […] verursacht werden“ gesprochen. Das Gericht in Den Haag hat nun ein Jahr Zeit um zu entscheiden, ob darunter auch Verfehlungen beim Kampf gegen den Klimawandel fallen. Wird dies bejaht, würde der Gerichtshof anschließend eine eigene Untersuchung einleiten.

Vergleiche mit der Tabakindustrie scheinen möglich

Dass ausgerechnet BP verklagt wird, hat rein praktische Gründe. Denn hier sind zahlreiche der entscheidenden Vorgänge öffentlich einsehbar. Die Aktivisten erhoffen sich aber auch, einen Präzedenzfall zu schaffen, mit dessen Hilfe dann weitere Konzerne belangt werden können. Langfristig soll so dafür gesorgt werden, dass die Konzerne erhebliche Straf- und Schadensersatzzahlungen an vom Klimawandel betroffene Personen und Staaten leisten müssen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Zumindest gibt es aber in der Rechtsgeschichte einen nicht ganz unähnlichen Fall. So wusste auch die Tabakindustrie früh über die Gefahren des Rauchens Bescheid, versuchte diese aber anschließend zu verschleiern, um die eigenen Geschäfte nicht zu gefährden. Dies führte später zu zahlreichen Gerichtsverfahren, in deren Anschluss die Konzerne teilweise Milliarden zahlen mussten. Ob dies nun tatsächlich auch den Öl- und Gaskonzernen droht, bleibt abzuwarten. Experten halten die Initiative der Aktivisten aber zumindest nicht für völlig chancenlos.


Via: Die Zeit

1 Kommentar

  1. so nebenbei

    8. Dezember 2022 at 13:59

    Das selbe gilt für die Plastikverschmutzung der Weltmeere.

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