Der erste Transistor wurde vor etwa 75 Jahren erfunden. Seitdem haben die kleinen Schalter und Verstärker einen Siegeszug rund um die Welt begonnen. Ohne Transistoren wären Computer nicht alltagstauglich. Die ersten dieser Bauteile bestanden noch aus dem Halbleiter Germanium. Heute allerdings ist Silizium der Halbleiter der Wahl. Forscher:innen ist es nun aber gelungen, einen neuartigen Germanium-Zinn-Transistor zu entwickeln, der letztlich schneller und energiesparender sein könnte als die gängigen Silizium-Transistoren. Die neue Bauform eignet sich auch für den Einsatz als Quantenchips.


Elektronenmikroskopische Aufnahmen des Germanium-Zinn-Transistors: Der Aufbau folgt einer 3D-Nanodrahtgeometrie, ein Design, das auch für die neueste Generation von Computerprozessoren verwendet wird.
Bild: Forschungszentrum Jülich

Back to the roots mit Germanium

Mit zunehmender Miniaturisierung und Leistungsanforderung kommen auch Silizium-Transistoren an ihre Grenzen. Forscher:innen suchen deshalb nach Alternativen, mit denen noch kleinere Schaltkreise ermöglicht werden. Dies kann etwa durch Nanoröhchen-Transistoren ermöglicht werden.

Allerdings gibt es auch andere Wege: „Die Idee ist, ein Material zu finden, das günstigere elektronische Eigenschaften aufweist und mit dem man dadurch die gleiche Performance bei größeren Strukturen erzielen kann. Denn inzwischen ist man bei Strukturen angekommen, die nur noch zwei bis drei Nanometer groß sind. Damit bewegt man sich an den Grenzen des Machbaren, viel kleiner geht es nicht„, so Qung-Tai Zhao vom Forschungszentrum Jülich.


Zhao hat sich gemeinsam mit Erstautor Mingshan Liu und seinem Team auf die Suche nach solche einer Silizium-Alternative gemacht. Und im Rahmen dieser Suche kehrten die Forscher:innen zu den Wurzeln der Computertechnologie zurück: Germanium. „Germanium bietet die unter allen Halbleitern die höchste Beweglichkeit der Löcher. Dafür ist die Elektronen-Mobilität aber ziemlich gering„, so das Team. Reines Germanium ist somit nicht geeignet für Hochleistungs-Transistoren, da diese zu langsam wären. Die Forscher:innen suchten deshalb nach Möglichkeiten, die elektronische Eigenschaften des Germaniums zu verbessern, indem sie es mit einem anderen Material kombinieren.

Zinn als perfekter Partner

Dieses Material fand das Team in Zinn. Das Element liegt in der gleichen Hauptgruppe des Periodensystems wie Silizium und auch Germanium, seine Integration in das Kristallgitter des Germanium-Halbleiters ist daher gut möglich. Die Zinnatome im Kristallgitter beeinflussen die Energieflüsse innerhalb des Halbleiters, sodass dieser seine Bandlücke maßgeschneidert verändern kann. Als Bandlücke wird die Energie bezeichnet, die nötig ist, um einen Halbleiter vom Nichtleiter zum Leiter umzuschalten.

Die Forscher:innen erschufen zwei verschiedene Germanium-Zinn-Legierungen. Eine davon wies einen Elektronenüberschuss auf, die andere einen Überschuss positiver Leerstellen im Kristallgitter. Indem sie beide Legierungen miteinander kombinierten, konnten sie dem Transistor seine Schalt- und Verstärkerfunktion verleihen. Die Nanodraht-Feldeffekttransistoren, die das Team konstruierte, haben einen Durchmesser von nur 25 Nanometern.

Neuer Transistor ist mit bestehendem Fertigungsverfahren kompatibel

In ersten Tests zeigte sich, dass der neue Germanium-Zinn-Transistor eine 2,6-mal höhere Elektronenbeweglichkeit aufweist als es bei der Verwendung reinen Germaniums der Fall wäre. Die Werte übersteigen auch die von Silizium. Das neue Bauteil hat zudem eine 2,6-mal höhere Transduktanz – ein Wert, der die Steilheit des Verhältnisses vom Eingangssignal zum verstärkten Ausgangsstroms beschreibt. Eine steilere Kurve resultiert in einem schnelleren und leistungsfähigeren Transistor.

Die Forscher:innen sind der Meinung, dass der neue Transistor ein vielversprechender Kandidat ist, um in künftigen High-Performance-Chips mit geringem Energiebedarf eingesetzt zu werden. „Das von uns erprobte Germanium-Zinn-System macht es möglich, die physikalischen Grenzen der Siliziumtechnologie zu überwinden“ so Zhao. Ein Vorteil dabei ist, dass das neue Bauteil mit dem CMOS-Prozess verwendet wird, der bereits heute bei der Chip-Herstellung verwendet wird. Damit ließ es sich problemlos in bestehende Fertigungsverfahren integrieren. „ Die hier präsentierten Fortschritte sind ein wichtiger Schritt, um den Germanium-Zinn-Transistor in die CMOS-Elektronik zu bringen„, so das Team.

Transistor für Quantencomputer

Der neue Transistortyp wäre sogar für Quantencomputer geeignet. Die Steuerelektronik von Quantencomputern lässt sich direkt in den Quantenchip integrieren und muss dort ultrakalten Bedingungen standhalten können. „Die Herausforderung besteht deshalb darin, einen Halbleiter zu finden, der auch bei tiefsten Temperaturen noch mit geringen Spannungen schaltbar ist„, so Zhao weiter.

Und auch in optoelektronischen Schaltkreisen könnte der neue Transistor eingesetzt werden. Erst vor kurzen entwickelten Forscher:innen einen Germanium-Zinn-Laser, der in derartige Schaltkreise integriert werden kann und optimal mit dem neuen Transistor kompatibel wäre.

Zusammen mit der erfolgreichen Forschung in Germanium-Zinn-basierter Photonik könnte dies zu monolithisch integrierten optoelektronischen Schaltkreisen auf Basis von Elementen der Hauptgruppe IV führen„, erklären die Forscher:innen.

via Forschungszentrum Jülich

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