Chemiker:innen der Universität Paderborn ist es gelungen, eine neue Gruppe sogenannter Lewis-Supersäuren zu erzeugen. Dabei handelt es sich um hochreaktive Säuren, die anderen Molekülen Elektronen entreißen und so auch starke chemische Bindungen aufbrechen können. Bei den neu entdeckten Supersäuren handelt es sich um Boronsäureester und Ferrocenyl-Borrane, die unter anderem Bor, Eisen und aromatische Kohlenwasserstoffringe enthalten. Sie lassen sich elektrochemisch herstellen und könnten zukünftig genutzt werden, um schwer abbaubare organische Schadstoffe aufzubrechen und aus ihnen nutzbare Chemierohstoffe zu gewinnen.


Bild: Universität Paderborn / Laura Köring

Neue Lewis-Supersäuren dank elektrochemischer Methoden

Wenn Atome einige ihrer Außenelektronen teilen oder ganz an andere Atome abgeben, entstehen chemische Bindungen. Wie fest so eine Bindung ist, spielt unter anderem bei der Stabilität des Moleküls eine Rolle, an dem sie beteiligt ist. Diese wiederum entscheidet darüber, wie leicht das Molekül in der Umwelt wieder abgebaut werden kann. Zu feste Bindungen erschweren außerdem die Synthese neuer Substanzen aus molekularen Ausgangsstoffen.

Um besonders feste Bindungen aufzulösen kommen oft sogenannte Lewis-Säuren als Katalysatoren zum Einsatz. Dabei handelt es sich um hochreaktive Säuren, die anderen Molekülen Elektronenpaare entreißen können. So lassen sich auch stabile Bindungen aufbrechen. Lange galt Antimonpentafluorid als stärkste Lewis-Säure. Inzwischen gibt es jedoch einige bor- und phosphorhaltige organische Verbindungen, die deutlich aggressiver sind. Diese werden Lewis-Supersäuren genannt. „Für starke Bindungen benötigt man sehr reaktive Reagenzien, also Stoffe, die extrem bereitwillig reagieren„, so Jan Paradies von der Universität Paderborn. Solche Lewis-Supersäuren können allerdings nur schwer synthetisiert und isoliert werden, da sie eine hohe Reaktivität aufweisen. Dank elektrochemischer Methoden konnten die Forscher:innen nun eine neue Gruppe Supersäuren herstellen. „Durch einen Trick haben wir es geschafft, solche Moleküle herzustellen und in katalytischen Reaktionen einzusetzen„, so Paradies.


Auch Treibhausgase können so aufgebrochen werden

Diese neuen Supersäuren sind ein Komplexmolekül aus Bor, Ferrocenyl (ein Komplex aus zwei Kohlenwasserstoffringen, die mit einem Eisenatom verbunden sind) und einem halogenhaltigen Rest. Wenn sie sich in der Nähe schwacher Silbersalze befinden, dann bilden diese komplexen Moleküle positiv geladene Kationen, die sie sehr reaktiv machen. „Die geschätzten Fluorid-Ionen-Affinitäten (ein Maß für die Lewis-Säureaktivität) sind um 240 und 209 Kilojoule pro Mol größer als die von Antimonpentafluorid. Damit können diese Borane als Lewis-Supersäuren klassifiziert werden„, schreiben die Forscher:innen.

Mit diesen neuen Supersäuren können somit auch besonders stabile Kohlenstoff-Fluor- oder Schwefel-Fluor-Bindungen gespalten werden. Sie könnten zum Beispiel eingesetzt werden, um fluorhaltige Kohlenwasserstoffe aufzubrechen und diese Stoffe, die in der Natur sonst nur schwer abgebaut werden können, zu neutralisieren. Auch gegen klimaschädliche Treibhausgase wie etwa Schwefelhexafluorid könnten die neuen Lewis-Supersäuren eingesetzt werden. Sie könnten dann sogar in nachhaltig nutzbare Chemikalien umgewandelt werden.

via Universität Paderborn

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