Die Miniaturisierung technischer Systeme hat in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht, insbesondere in der Robotik. Forschende der University of Pennsylvania und der University of Michigan haben nun autonome Roboter entwickelt, die sich im mikroskopischen Maßstab bewegen, ihre Umgebung wahrnehmen und auf dieser Grundlage handeln können. Diese Maschinen sind kaum größer als ein Sandkorn und vereinen Energieversorgung, Steuerung, Sensorik und Fortbewegung in einem einzigen, extrem kompakten System. Damit markieren sie einen wichtigen Schritt hin zu Robotern, die in Umgebungen operieren können, die bislang nur biologischen Mikroorganismen zugänglich waren. Bild: Kyle Skelil, University of Pennsylvania Fortbewegung im Reich der Viskosität Mit Abmessungen von rund 200 mal 300 mal 50 Mikrometern liegen die Roboter deutlich unterhalb dessen, was mit bloßem Auge erkennbar ist. In diesem Größenbereich gelten andere physikalische Gesetze als im Alltag: Trägheit spielt kaum eine Rolle, während Reibung und Zähflüssigkeit dominieren. Klassische mechanische Antriebe sind hier wirkungslos. Um dieses Problem zu lösen, entwickelten die Forscher:innen ein Konzept, das vollständig ohne bewegliche Teile auskommt. Die Roboter erzeugen elektrische Felder, die geladene Teilchen in der umgebenden Flüssigkeit in Bewegung setzen. Die daraus entstehenden Strömungen treiben die Maschinen voran. Dieses Prinzip erlaubt überraschend präzise Bewegungen. Die Roboter können gezielt Richtungen einschlagen, ihre Geschwindigkeit anpassen und sogar in Gruppen koordiniert schwimmen. In Experimenten erreichten sie Geschwindigkeiten von etwa einer Körperlänge pro Sekunde. Einer der beteiligten Forscher:innen beschrieb das System als eine Art „elektrische Maschine, die Wasser statt Zahnräder bewegt“. Damit gelingt es, Bewegung in einer Umgebung zu realisieren, die für technische Systeme bislang schwer beherrschbar war. Ein kompletter Roboter auf einem Mikrochipsystem Neben der Fortbewegung stellt die Integration der Elektronik die größte Herausforderung dar. Herzstück der Roboter ist ein extrem energieeffizienter Prozessor, der ursprünglich als kleinster Computer der Welt entwickelt wurde. Er verbraucht lediglich rund 75 Nanowatt Leistung und kommt mit einer minimalen Menge Speicher aus. Programme müssen daher stark komprimiert werden, was eine enge Verzahnung von Hardware und Software erfordert. Trotz dieser Einschränkungen sind die Roboter vollständig programmierbar und können unterschiedliche Verhaltensmuster ausführen. Die Energieversorgung erfolgt über winzige Solarzellen auf der Oberfläche. Licht dient dabei nicht nur als Stromquelle, sondern auch als Kommunikationsmedium. Durch gezielte Lichtimpulse lassen sich Programme übertragen oder verändern. Jeder Roboter besitzt eine individuelle Adresse, sodass selbst große Gruppen differenziert gesteuert werden können. Sensoren ergänzen das System, darunter Temperatursensoren, die Abweichungen von weniger als einem halben Grad Celsius erfassen. Die gemessenen Werte werden direkt in Bewegungsänderungen umgesetzt, die anschließend mikroskopisch ausgewertet werden können. Auf diese Weise wird Information nicht klassisch übertragen, sondern buchstäblich sichtbar gemacht. Winziger Roboter mit viel Potenzial Auch wenn die Technik beeindruckend ist, befinden sich die Roboter noch klar im Forschungsstadium. Derzeit funktionieren sie nur in speziell abgestimmten Flüssigkeiten, die nicht ohne Weiteres mit biologischem Gewebe kompatibel sind. Zudem benötigen sie kontinuierliche Beleuchtung, da ohne Licht sowohl Energieversorgung als auch Programmspeicher zusammenbrechen. In gewisser Weise „vergessen“ die Roboter dann ihre Aufgaben. Diese Einschränkungen zeigen, dass zwischen Laborerfolg und praktischer Anwendung noch erhebliche Entwicklungsarbeit liegt. Gleichzeitig eröffnen sich neue Perspektiven. In der Medizin könnten solche Systeme eines Tages genutzt werden, um mikroskopische Prozesse im Körper zu untersuchen oder gezielt Wirkstoffe an schwer erreichbare Orte zu transportieren. In der Materialforschung oder Mikrofertigung wären Anwendungen denkbar, bei denen viele autonome Einheiten gemeinsam Aufgaben übernehmen, die für größere Maschinen unlösbar sind. Eine Forscher:in betonte, man habe erstmals gezeigt, dass autonome, programmierbare Roboter auf dieser Skala überhaupt möglich seien. Allein dieser Nachweis verschiebt die Grenze des technisch Machbaren. via Penn Engineering Teile den Artikel oder unterstütze uns mit einer Spende. Facebook Facebook Twitter Twitter WhatsApp WhatsApp Email E-Mail Newsletter