Der Nil sorgte schon in der Antike dafür, dass Ägypten zur Kornkammer des Römischen Reiches wurde. Seitdem haben sich in der Weltpolitik zahlreiche Koordinaten verschoben. An der Abhängigkeit des Landes von seinem größten Fluss hat sich aber nur wenig geändert: Ägypten deckt neunzig Prozent seines Wasserbedarfs aus dem Nil. Genau dies könnte zukünftig aber zum Problem werden. Denn der Fluss entspringt keineswegs in Ägypten. Stattdessen speist er sich unter anderem aus dem blauen Nil und dem weißen Nil, die sich in der sudanesischen Hauptstadt Khartum zu einem gewaltigen Strom vereinigen. Der Blaue Nil wiederum entspringt ursprünglich in Äthiopien. Die dortige Regierung hat schon vor rund zehn Jahren einen gigantischen Staudamm in Auftrag gegeben. Dieser soll die Wassermassen aufstauen und die Produktion von Ökostrom ermöglichen. Um die Baukosten in Höhe von vier Milliarden Dollar stemmen zu können, wurden unter anderem die Staatsbediensteten aufgerufen, auf ein Monatsgehalt zu verzichten.


Fließt zukünftig deutlich weniger Wasser durch den Nil in Ägypten? Bild: Bionet (Gemeinfrei)

Der Staudamm soll die Bevölkerung mit günstigem Strom versorgen

Ursprünglich sollte die Kapazität des Bauwerks nach der letzten Ausbaustufe bei 6.000 Megawatt liegen. Inzwischen gehen die Planer davon aus, dass der Staudamm eher auf eine Leistung von 5.000 Megawatt kommen wird. Auch dies wäre allerdings schon ein enormer Beitrag zur Versorgung des Landes mit Elektrizität. Zur Inbetriebnahme der ersten Turbine erschien daher auch die gesamte Polit-Prominenz des Landes – inklusive des umstrittenen Regierungschefs und Friedensnobelpreisträgers Abiy Ahmed. Sein Ziel: Immerhin sechzig Prozent der Bevölkerung sollen zukünftig mit günstigem Strom versorgt werden können. Auch die Wirtschaft des Landes könnte von einer sicheren und preisgünstigen Versorgung mit Elektrizität profitieren. Aus Sicht des äthiopischen Regierung ergibt der Bau des Staudamms also durchaus Sinn. Auch wenn die dafür nötigen Kredite den Staatshaushalt massiv belasten. Die Nachbarstaaten Sudan und Ägypten sind von dem Projekt allerdings alles andere als begeistert.

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Die Wasser-Frage könnte sogar zum Krieg führen

Sie fürchten, dass durch den Bau zukünftig deutlich weniger Wasser den blauen Nil hinabfließen wird. Der 1,8 Kilometer lange Staudamm würde dann zwar in Äthiopien die Stromversorgung sichern, gleichzeitig aber die Wasserversorgung in Ägypten und dem Sudan gefährden. Genährt werden solche Befürchtungen durch die Tatsache, dass bisher kein internationales Abkommen zwischen den Nil-Anrainern besteht, dass die Wasserentnahme verbindlich regelt. In der Vergangenheit drohte daher sogar ein Krieg zwischen den Staaten auszubrechen. Selbst der UN-Sicherheitsrat beschäftigte sich mit der Thematik. Der dort entworfene Kompromissvorschlag wurde allerdings von äthiopischer Seite nicht akzeptiert. Die äthiopische Regierung kann sich theoretisch allerdings auch keinen großen Konflikt mit den Nachbarstaaten leisten. Denn noch immer herrscht in dem Land ein brutaler Bürgerkrieg zwischen der Zentralregierung und der Region Tigray. Die Politiker bei der Eröffnung des Staudamms waren daher sichtbar bemüht, den Konflikt nicht weiter anzuheizen. Eine finale Einigung mit den anderen Nil-Anrainern steht aber weiterhin aus.

Via: BBC

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