Neben des Einsatzes von Antibiotika sind deren Fehlverschreibungen ein wesentlicher Faktor, der dazu führt, dass Bakterien Antibiotika-Resistenzen entwickeln. Für Ärzte ist es allerdings schwierig einzuschätzen, ob eine Antibiotika-Verschreibung indiziert ist oder nicht. Künstliche Intelligenz könnte dabei helfen, den Anteil an Fehlverschreibungen deutlich zu reduzieren.


Antibiotika-Verschreibung ist oft klinisches Glücksspiel

Einer der Hauptgründe, aus denen Antibiotika verschrieben werden, sind Harnwegsinfektionen. Wenn diese durch Bakterien verursacht werden, können sie effektiv und sicher mit Antibiotika behandelt werden. Ob eine Harnwegsinfektion bakterielle Ursachen hat oder nicht, ist für Ärzte rein klinisch jedoch kaum erkennbar. Ähnlich sieht es bei Atemwegsinfektionen aus.


Für eine genaue Diagnostik der Infektionsgründe benötigen Ärzte Laboranalysen. Da diese in der Regel erst nach mehreren Tagen verfügbar sind, müssen Ärzte sich bei der Wahl der richtigen Therapie häufig auf ihr klinisches Gespür verlassen. Hier kommt nun künstliche Intelligenz ins Spiel. Datenbasierte Vorhersagen können dabei helfen, die vorhandenen Unsicherheiten zu verringern und die Trefferrate bei Vorhersagen über die Infektionsgründe zu erhöhen. Mittel- und langfristig könnte die Gefahr resistenter Bakterien somit verringert werden. Das hat nicht nur für die Patienten nutzen: Britische Gesundheitsexperten schätzen die Kosten, die durch widerstandsfähige Bakterien verursacht werden, für das Jahr 2050 auf etwa 100 Billionen US-Dollar.

Studie beleuchtet die Vorteile künstlicher Intelligenz

Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) konnten in einer aktuellen Studie zeigen. dass der Einsatz von Methoden maschinellen Lernens dazu führen könnte, dass die Verordnung von Antibiotika um bis zu 10,2 vermindert werden – ohne negative Folgen für die Patienten. Dies würde dadurch erreicht werden, dass dank künstlicher Intelligenz die Fehlverschreibungen deutlich zurückgehen würden.

Die Forscher wandten sogenannte Ensemble-Methoden an, um vorherzusagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Laborbefund zum Zeitpunkt der Probenentnahme bakterielle Erreger enthält. Diese Vorhersagen basieren auf große Datenmengen zu den Proben vergangener Erkrankter mit verlässlichen Testergebnissen. Diese Daten wurden dann mit individuellen demografischen Daten der dänischen Verwaltung verknüpft. So konnten die Forscher statistische Zusammenhänge erkennen, die auf positive oder negative Proben hindeuten. Dabei berücksichtigte das Team insgesamt knapp 100.000 Behandlungssituationen. Die entwickelten Methoden wurden dann genutzt, um in etwa 42.500 Fällen Vorhersagen zu den Laborergebnissen zu treffen.

Fast 40 Prozent weniger Verschreibungen wären möglich.

Beim Einsatz aller verfügbaren Informationen, also Zeit und Region, Alter und Geschlecht, detaillierte Personenmerkmale, Gesundheitsdaten sowie die ärztliche Entscheidung konnten die Forscher die Anzahl von Antibiotika-Verschreibungen um 10,2 Prozent senken. „ Wären alle Vorhersagen perfekt, könnten 39 Prozent weniger Antibiotika verschrieben werden. Somit könnte unter Verwendung aller Daten gut ein Viertel dieser maximal möglichen Reduktion erreicht werden„, so die Forscher.

Um die Methode im Gesundheitswesen anzuwenden, werde aber eine Infrastruktur zur Datenverknüpfung und -bereitstellung benötigt, die gesellschaftlich akzeptierte Datenschutz- und Ethikstandards einhält. Mit derartigen Möglichkeiten könne die gesundheitliche Versorgung deutlich verbessert werden. Allerdings wäre es vorher nötig, die aufkommenden ethischen Fragen zu diskutieren und abzuwägen, so schließen die Forscher.

via DIW

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