Hybridfahrzeuge gelten als sinnvolle Alternativen für Menschen, die aus dem ein oder anderen Grund noch vor der Elektromobilität zurückschrecken. Allerdings: Einer Untersuchung des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) zufolge ist ihr Verbrauch im realen Betrieb drei- bis fünfmal höher als in ihren Zulassungstests ermittelt. Der Grund ist relativ einfach: Bei der Typgenehmigung wird von einer elektrischen Fahrzeit von 75 Prozent der Gesamtfahrzeit ausgegangen. In der Realität sind es deutlich weniger. Im Falle von Firmenfahrzeugen ist der Effekt besonders ausgeprägt: Bei ihnen liegt der elektrische Fahranteil bei 11 bis 15 Prozent.


Offizielle Tests weichen ab

Hybridautos gelten als eine Brückentechnologie, mit der der Wechsel auf die Elektromobilität den realen Begebenheiten wie etwa der begrenzten Reichweite sowie der unzureichenden Ladeinfrastruktur anzupassen. Plug-In-Hybride sollen die CO2-Emissionen des Verkehrssektors senken, während der Anteil an reinen Elektroautos weiter steigen kann. Sie fahren einen Teil ihrer Strecken elektrisch, weshalb sie weniger CO2 ausstoßen als herkömmliche PKW. Diese Behauptung steht nun auf dem Prüfstand.


Wie auch Verbrennerautos müssen Plug-In-Hybride vor ihrer Typenzulassung diverse Tests bestehen. Darunter auch die Messung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen. Nach dem Dieselskandal wurden diese Tests angepasst, sodass sie nun besser geeignet sind, reale Fahrsituationen abzubilden. Im Falle von Hybridfahrzeugen wird ein bestimmter Anteil elektrischer Fahrzeit vorausgesetzt – meist etwa 75 Prozent. Der Verbrauch vieler Hybridfahrzeuge landet so bei effizienten 1,6 bis 1,7 Litern je 100 Kilometern.

Dass diese Tests oft nicht dem realen Verbrauch entsprechen, ist nichts wirklich Neues und trifft auch bei vielen Verbrennerautos zu. Ein Team rund um Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI wollte der Frage nachgehen, wie hoch diese Abweichung bei Plug-In-Hybriden wirklich ist. Dazu werteten sie die Daten von etwa 9.000 Plug-In-Hybriden in ganz Europa aus. Diese Daten kamen etwa anonymisiert von Fahrzeughaltern sowie von Unternehmen mit Hybrid-Fahrzeugflotten. 60 Prozent dieser 9.000 Fahrzeuge waren neueren Baujahrs als 2017, bei 30 Prozent ließ sich das Baujahr nicht ermitteln.

Deutlich höherer Verbrauch

Bei der Untersuchung kam heraus, dass die Abweichung des realen Verbrauchs von den offiziellen Testergebnissen bei Hybridfahrzeugen noch deutlicher ausfällt als bei Verbrennern: „Im Mittel fallen die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Plug-in-Hybridfahrzeugen bei privaten Haltern in Deutschland und anderen europäischen Ländern etwa dreimal so hoch aus wie im offiziellen Testzyklus, während die Werte bei Dienstwagen sogar etwa fünfmal so hoch sind„, so Plötz.

Im privaten Bereich ermittelten die Forscher:innen einen realen Kraftstoffverbrauch der Hybridfahrzeuge von 4,0 bis 4,4 Litern je 100 Kilometer. Bei Firmenfahrzeugen sind es sogar 7,6 bis 8,4 Liter. Entsprechen höher ist auch der CO2-Ausstoß der Fahrzeuge. Im privaten Bereich sind es 90 bis 105 Gramm CO2 pro Kilometer, bei Firmenfahrzeugen sind es 175 bis 195 Gramm. Die offiziellen Tests kommen in der Regel auf 37 bis 39 Gramm pro Kilometer. Hinzu kommt, dass die Abweichungen zwischen offiziellen Tests und realem Verbrauch Jahr für Jahr um 0,1 bis 0,2 Liter pro 100 Kilometer ansteigt.

Anpassung der Testverfahren nötig

Die Forscher:innen begründen die Abweichungen vor allem damit, dass die Fahrzeuge im realen Betrieb deutlich weniger elektrisch unterwegs sind als in den offiziellen Tests vorausgesetzt wird. Der offizielle Richtwert von 75 Prozent trifft so gut wie nie zu. Im privaten Bereich liegt der Wert zwischen 45 und 49 Prozent, im geschäftlichen sogar nur zwischen 11 und 15 Prozent. Dies läge unter anderem daran, dass viele Plug-In-Hybride nur unvollständig geladen werden und moderne Plug-In-Hybride oft schwerer sind als frühere Modelle, sodass der Kraftstoffverbrauch steigt. Firmenfahrzeuge sind zudem oft auf langen Strecken unterwegs, auf denen Hybridfahrzeuge naturgemäß den Großteil der Strecke mit fossilen Kraftstoffen zurücklegen.

Die Forscher:innen sind der Überzeugung, dass die existierenden Testverfahren weiter an die realen Begebenheiten angepasst werden müssen. Dazu sei es vor allem nötig, die Annahmen über die Anteile des elektrischen Betriebs zu korrigieren. Außerdem sollten Anreize für die Besitzer von Hybridfahrzeugen geschaffen werden, ihre Fahrzeuge vollständig aufzuladen.

via Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI)

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