Unter den Permafrostböden und den Eisdecken der Polargebiete lagern große Methanvorkommen. Es handelt sich dabei um ein potentes Treibhausgas, das unter anderem beim anaeroben Abbau organischen Materials in Böden oder Gewässern freigesetzt wird. Durch den fortschreitenden Klimawandel kommt es nun zu einer problematischen Rückkopplung: Die Gletscher und Eisflächen in der Arktis gehen zurück, was Grundwasserquellen freilegt, aus denen dann in Wasser gelöstes Methan an die Oberfläche sprudelt. Diese Methanemissionen könnten dann den Klimawandel zusätzlich befeuern.


Dem Methan auf der Spur

Der Klimawandel wirkt sich auf die Eisflächen in den Polregionen aus. Meereis schmilzt, der Permafrost taut und auch die Gletscher beginnen zu schmelzen.


Diese schmelzenden Gletscher können zu einem Problem legen, wie die Untersuchung eines Teams rund um Gabrielle Kleber von der University of Cambridge zeigen. Die Forscher:innen beobachteten, dass die zurückweichenden Gletscher in der Arktis Bodenflächen freilegen, die durch die Eisauflage bisher ungefroren geblieben sind.

Dies eröffnet Austrittsmöglichkeiten für unter Druck stehende Grundwassersysteme, die zuvor durch das Gletschereis versiegelt waren„, so das Team. Dies führe dazu, dass sich zahlreiche Grundwasserquellen bilden, die dann auch im Verlauf ein Gefrieren des Bodens verhindern. Dies macht es möglich, dass in den ungefrorenen Gletschervorflächen, die man auch als Taliks bezeichnet, zuvor unter dem Eis eingeschlossenes Methan zutage treten kann.

Methan aus dem Grundwasser

Kleber und ihr Team wollten herausfinden, wie viel Methan in diesem Zusammenhang tatsächlich freigesetzt wird. Dafür haben die Forscher:innen das Wasser aus 123 Grundwasserquellen im Vorfeld von 78 Gletschern auf Spitzbergen analysiert. Dabei fanden sie im Falle aller Quellen bis auf einer eine deutliche Anreicherung des Wassers mit Methan.

Die Grundwasserquellen sind mit Methan übersättigt und erreichen Konzentrationen von mehr als dem 600.000-Fachen des Gleichgewichtswerts mit der Atmosphäre„, so das Team. Der sogenannte Gleichgewichtswert bezeichnet die Konzentration, bis zu der das Gas sich nicht aus dem Wasser auslöst, sondern in ihm gelöst bleibt. Wenn mehr Methan im Wasser gelöst ist, geht dieses in die Atmosphäre über, sobald das Wasser aus der Quelle austritt.

Die Menge des im Wasser gelösten Methans ist dabei abhängig von der Geologie des Untergrundes. Laut den Forscher:innen gehören vor allem kohlenstoffreiche Gesteinsschichten im Untergrund sowie unterirdische Erdgas- und Kohlevorkommen zu den Quellen des MEthans. „Die Geologie im zentralen Spitzbergen umfasst ein bekanntes System solcher Vorkommen, die sich bis in die küstennahen Meeresgebiete erstrecken„, erklären sie.

Das Methan, das in diesen Gesteinsschichten vorhanden ist, kann über Gesteinsporen und Risse seinen Weg ins Grundwasser finden. Solange ein Gletscher das jeweilige Gebiet überdeckt, bleibt das Methan zum größten Teil im Untergrund. Wenn das Eis aber zurückgeht, kann das mit Methan angereicherte Wasser aber zutage treten. Das ausgasende Methan kann dann zum Klimawandel beitragen – wenn auch im geringen Ausmaß, wie die Forscher:innen einräumen.

Spitzbergen ist erst der Anfang

Das Team konnte errechnen, dass allein die von ihnen untersuchten 78 Gletscher pro Jar 27 bis 230 Tonnen Methan freisetzen. „Wenn wir dies auf ganz Spitzbergen hochrechnen, ohne dabei regionale Unterschiede der Geologie zu berücksichtigen, ergeben sich für alle proglazialen Grundwasserquellen dieses Archipels Emissionen von 2.310 Tonnen Methan pro Jahr„, erklären die Forscher:innen.

Diese Quellen sind eine erhebliche und potenziell wachsende Quelle der Methanemissionen – und eine, die bisher in Schätzungen des globalen Methan-Budgets größtenteils fehlte„, so Kleber. Hinzu kommt: Da Spitzbergen sich doppelt so schnell erwärmt wie der arktische Durchschnitt sind die dortigen Ereignisse ein Vorgeschmack auf einen Prozess, der sich auch in anderen arktischen Regionen wiederholen wird.

Positive Rückkopplung durch Methan

Der Rückzug der arktischen Gletscher könnte somit eine positive Rückkopplung im globalen Klimasystem initiieren. Denn je mehr nicht gefrorene Böden von den Gletschern freigelegt werden, desto mehr Methan könnte austreten, was wiederum zum Treibhauseffekt beiträgt, sodass die arktische Atmosphäre noch weiter erhitzt wird. Die Folge wären mehr schmelzende Gletscher. „In Spitzbergen beginnen wir zu verstehen, welche komplexen und kaskadierenden Rückkopplungen durch die Gletscherschmelze ausgelöst werden„, so Kleber.

Im Gegensatz zum Permafrost reagieren die Gletscher eher schnell auf die Veränderungen. „Die Studie zeigt, dass es wichtig sein könnte, zurückweichende Gletscher als Methanquellen im Auge zu behalten – insbesondere dann, wenn durch den Klimawandel immer größere Gletscherflächen verschwinden„, so der nicht an der Studie beteiligte Atmosphärenphysiker Friedemann Reum vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

via University of Cambridge

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