Durch den Krieg in der Ukraine sind auch die deutschen Erdgas-Importe in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Als Hauptlieferant diente hier bisher Russland. In diesem Winter fielen die Lieferungen aber niedriger aus als in der Vergangenheit. Dies führte zu stark steigenden Preisen, die inzwischen auch bei den Verbrauchern angekommen sind. Durch den russischen Angriffskrieg hat sich die Situation zudem noch einmal zugespitzt. Einfach selbst mehr Erdgas zu fördern ist für die Bundesregierung aber nicht möglich. Denn die deutschen Lagerstätten sind weitgehend ausgebeutet. Neue Projekte – etwa in der Nordsee – werden aus Gründen des Umweltschutzes sehr kritisch gesehen. Nun hat sich eine andere Branche als Problemlöser selbst ins Spiel gebracht. So verwies der Präsident des Europäischen Biogasverbands, Harmen Dekker, auf das Potenzial von Biogas. Bis zum Jahr 2030 könnte die jährliche Produktion in Europa um 35 Milliarden Kubikmeter gesteigert werden, so sein Versprechen. Dies entspräche immerhin rund zwei Dritteln der Kapazität der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2.


Biogas könnte sofort fünf Prozent der Importe aus Russland ersetzen

Ab dem Jahr 2050 könnte grünes Biogas dann sogar zwischen dreißig und fünfzig Prozent des Gasbedarfs in Europa decken, so der Branchenvertreter. Mittel- bis langfristige Lösungen sind zwar grundsätzlich wichtig. Entscheidend aktuell dürfte aber eher die Frage sein, ob auch kurzfristige Engpässe aufgefangen werden könnten. Dazu äußerte sich der deutsche Fachverbands Biogas. Den Angaben der Experten dort zufolge könnte Biogas in Deutschland sofort rund fünf Prozent der Erdgas-Importe aus Russland ersetzen. Diese Aussage ist allerdings an eine Bedingung geknüpft: Es wird staatliche Förderung benötigt. Diese existiert auch jetzt grundsätzlich schon. Sie ist allerdings durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gedeckelt. Der Ausbau von Biogas-Anlagen stockt daher auch seit einigen Jahren. Durch die hohen Erdgas-Preise könnte der Betrieb der Anlagen zukünftig aber schon bei niedrigeren Subventionen als in der Vergangenheit attraktiv sein. Der Verband fordert daher auch die Abschaffung der Deckelung, um so den Bau neuer Biogasanlagen zu befördern.


Die Kosten sind vergleichsweise hoch

Biogas-Anlagen werden in Deutschland schon seit vielen Jahren betrieben. Sie sind allerdings nicht unumstritten. So verweisen Befürworter darauf, dass es sich – anders als bei Windrädern und Solarmodulen – um eine vom Wetter unabhängige Form der Energiegewinnung handelt. Kritiker hingegen verweisen auf die vergleichsweise hohen Kosten. Außerdem werden viele Biogasanlagen nicht einfach mit Abfallprodukten aus der normalen landwirtschaftlichen Erzeugung betrieben. Stattdessen kommen besonders energiereiche Pflanzen wie Raps oder Mais zum Einsatz. Diese werden allerdings auf Feldern angebaut, die dann nicht mehr für die Produktion von Lebensmitteln genutzt werden können. Bisher ist noch nicht klar, ob die Bundesregierung tatsächlich vorhat, die staatliche Förderung wieder auszuweiten. Unterstützt wird die Forderung zumindest vom Bundesverband Erneuerbare Energie. Deren Vorsitzende Simone Peter war früher auch einmal Parteichefin der Grünen.

Via: Der Spiegel

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