Die Möglichkeiten zur Empfängnisverhütung für Männer sind begrenzt. Im Endeffekt bleibt nur ein Kondom oder eine Sterilisation. Eine wirksame, spontan einsetzbare medikamentöse Lösung existiert bisher nicht. Bisher getestete hormonelle Mittel wirkten lediglich nach wochenlanger Einnahme und wurden von teils erheblichen Nebenwirkungen begleitet. Ein neuer Wirkstoff könnte hier Abhilfe schaffen. Es handelt sich um ein nichthormonelles Mittel, das bereits in ersten Tests mit Mäusen getestet wurde und jede Befruchtung verhinderte. Die Wirkung setzt schnell ein und hält mehrere Stunden an.


Der neue Wirkstoff könnte viele Frauen davon befreien, hormonelle Verhütungsmittel mit deutlichen Nebenwirkungen einnehmen zu müssen.

Medikamentöse Verhütung für den Mann

Die Problematik an spontan einsetzender medikamentöser Verhütung für Männer ist, dass diese die Produktion oder Funktion von mehreren Millionen Spermien vollständig und zuverlässig blockieren müssen. Ein neuer Ansatz soll genau dies ermöglichen. In Gegensatz zu früheren Wirkstoffen greift dieser nicht in die Spermienproduktion und den Testosteron-Haushalt der Männer ein, sondern setzt an einem Enzym an, dessen Aufgabe es ist, die Beweglichkeit der Spermien zu regulieren. Unter normalen Bedingungen produziert die sogenannte lösliche Adenylylcyclase (sAC) einen Botenstoff, der für die zelluläre Signalübertragung zuständig ist – und damit auch für die Reifung und Bewegung der Spermien.

Der neue Wirkstoff wurde von einem Team rund um Melanie Balbach von Weill Cornell Medicine in New York entdeckt. Das Team suchte nach Hemmstoffen, die selektiv und vorübergehend die Adenylylcyclase in den Hoden und Spermien deaktivieren. „Ein solcher Inhibitor muss jedoch auch dann noch wirksam sein, wenn Ejakulat und Spermien im weiblichen Fortpflanzungstrakt unterwegs sind„, so die Forscher:innen.


Der Wirkstoff ist nicht hormonell

Den Wirkstoff, den die Wissenschaftler:innen fanden, tauften sie auf den Namen TDI-11861. In ersten Versuchen mit Mäusen stellte sich heraus, dass er schnell und zuverlässig wirksam ist. Die Forscher:innen verabreichten den Wirkstoff an männliche Mäuse, deren Spermien im Anschluss mindesten zweieinhalb Stunden lang unbeweglich und zeugungsunfähig blieben. Die männlichen Mäuse paarten sich insgesamt 52 mal mit weiblichen, empfängnisbereiten Mäusen. Es kam dabei zu keiner einzigen Befruchtung und Schwangerschaft. In der Kontrollgruppe waren nach der Paarung ein Drittel der weiblichen Mäuse schwanger.

Die Wirkung des Inhibitors setzt dabei bereits nach 30 bis 60 Minuten ein. Acht Stunden nach Verabreichung des Wirkstoffes konnten einige der Mäusemännchen wieder Nachkommen zeugen, nach 24 Stunden waren sie alle wieder zeugungsfähig, ohne dass das Team Fehlbildungen oder Verhaltensanomalien an den Spermien der Tiere feststellen konnte. Außerdem beeinflusste der Hemmstoff weder das Paarungsverhalten, die Ejakulation oder die Potenz der Tiere.

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Wenn diese Ergebnisse auch auf Menschen übertragbar wären, stünde Männern künftig ebenfalls eine effektive Möglichkeit zur medikamentösen Verhütung zur Verfügung. „Unsere Studie demonstriert die Machbarkeit von zwei bahnbrechenden Paradigmen der menschlichen Verhütung: der nichthormonellen Verhütung beim Mann und der spontan einnehmbaren medikamentösen Empfängnisverhütung. Unsere Strategie hat das Potenzial, mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu schaffen und könnte – ähnlich wie damals die Antibabypille – die Familienplanung revolutionieren„, so die Forscher:innen. Durch den neuen Wirkstoff könnten Frauen auf die hormonelle Empfängnisverhütung verzichten, die häufig mit Nebenwirkungen einhergeht.

Wird der Hemmstoff auch bei Menschen wirken?

Allerdings ist noch nicht klar, ob der Wirkstoff auch bei Menschen wirkt. Denn wenn Spermien es im Körper der Frau bis in die Gebärmutter schaffen, können sie dort mehrere Tage lang überleben und eine Eizelle befruchten. Der sAC-Hemmstoff wirkt allerdings nur wenige Stunden, sodass er effektiv verhindern muss, dass die Spermien die Passage durch den Muttermund schaffen. Denn im sauren Milieu der Vagina werden diese schnell abgetötet.

Die Forscher:innen gehen allerdings davon aus, dass ihr Hemmstoff auch bei Menschen funktionieren kann. „Die Spermien müssen aktiv beweglich sein, um den Gebärmutterhals zu durchqueren und die Vagina zu verlassen. Unter Einfluss des sAC-Hemmstoffs sollte ihnen das nicht gelingen„, schreibt das Team. Weitere Tests mit anderen Tieren sind bereits geplant. Sollten diese erfolgreich verlaufen, sollen erste klinische Studien mit menschlichen Probanden folgen.

via Weill Cornell Medicine

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