Die meisten Stimmen erhält bei fast jeder die Wahl die berühmt-berüchtigte Nichtwählerpartei, denn ein Großteil der Wahlberechtigten verweigert (oder verschläft) die Stimmabgabe. Bei der Bundestagswahl 2013 hätte besagte Partei etwa 17 Millionen Stimmen auf sich versammelt, wenn es sie denn gäbe. Warum gehen so viele Menschen nicht wählen? Und: Könnte man sie zur Stimmabgabe zwingen?


Die vielfältigen Gründe für das Nichtwählen

In der Vergangenheit haben es sich die Wahlforscher vielleicht eine Spur zu einfach gemacht, wenn sie erklärten, dass Nichtwähler ganz einfach mit den politischen Verhältnissen zufrieden sind und aus lauter Bequemlichkeit am Wahltermin zu Hause bleiben. Der Deutschlandfunk schickte vor kurzem einen Reporter auf Reisen, um die Leute nach den Gründen für Ihr Nicht-Wahlverhalten zu befragen und kam auf ganz andere Ergebnisse: Manch einer meinte, er könne mit seiner Stimme ohnehin nichts ändern, andere wiederum waren so unzufrieden, dass sie die Wahl lieber verweigern wollen. Die zweitgenannte Gruppe neigt auch zum Protestwählen, bleibt also am Wahltag nicht zwingend daheim, sondern setzt sein Kreuz fernab der etablierten Parteien. Auch Jungwähler bleiben der Urne oftmals fern, und zwar deshalb, weil sie nicht so recht wissen, wen sie überhaupt wählen sollen oder sich gar nicht erst für Politik interessieren. Und dann gibt es da noch die Nimmerwähler, die nie gewählt haben und es wohl auch niemals tun werden. Sie stammen in der Regel aus einem bildungsfernen Umfeld und lassen sich kaum erreichen.


Diese Argumente sprechen für eine Wahlpflicht

Doch wie stark ist eine Demokratie, die nur von rund 60 % der Wähler bestimmt wird? In einigen Staaten glaubt man an die Notwendigkeit, eine hohe Wahlbeteilung zu erzwingen, da das Wählen ebenso wie die Entrichtung von Steuern zu den »demokratischen Pflichten« gehört. Eine Wahlpflicht soll dem politischen Desinteresse entgegenwirken, weil sich damit jeder Gedanken machen muss, wo er sein Kreuzchen setzt. Vielleicht wäre dem Stimmzettel noch ein »Enthaltungsfeld« hinzuzufügen, um Proteststimmen erkennbar zu machen.

Diese Argumente sprechen gegen eine Wahlpflicht

Eine Wahlpflicht könnte allerdings auch als eine unerwünschte Bevormundung angesehen werden. Außerdem lässt sich im Zuge einer geheimen Wahl keine tatsächliche Stimmabgabe erzwingen, jeder kann seinen Stimmzettel leer abgeben oder ungültig machen. Vielleicht würden viele der gezwungenen Wähler gar nach dem Zufallsprinzip vorgehen und einfach irgendwohin ein Kreuz setzen. Eine niedrige Wahlbeteilung kann zudem durchaus als Signal für eine grassierende Politikverdrossenheit gesehen werden: Zwingt man sie ohne die Möglichkeit der Enthaltung einfach weg, so geht dieser wichtige Fingerzeig verloren.

Übrigens: In Liechtenstein und Luxemburg müssen Wahlverweigerer eine Geldstrafe zahlen, ebenso wie in der Schweiz. In Australien können Nichtwähler bei mehrmaligem Fernbleiben sogar im Gefängnis landen. In Singapur werden sie von der Wählerliste gestrichen, bis sie Widerspruch einlegen und erklären, warum sie doch wieder wählen möchten.

Quelle: deutschlandfunknova.de

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