Es ist völlig normal, dass sich im Laufe der Zeit kleinere Risse in Betonbauten bilden. Zunächst einmal stellen diese kein großes Problem dar. Im Laufe der Zeit können sie sich aber immer weiter vergrößern. Irgendwann werden dann aufwändige Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten nötig – oder das Bauwerk muss sogar komplett ersetzt werden. Forscher des „Worcester Polytechnic Institute“ haben daher nach einem Verfahren gesucht, dass dieser Entwicklung schon frühzeitig entgegenwirkt. Ihre Idee: Die Strukturen so verändern, dass sie selbstständig CO2 in Karbonatkristalle verwandeln und so die Lücken schließen können. Dafür schauten sich die Forscher verschiedene natürliche Organismen an und suchten nach einem Mechanismus, der sehr schnell CO2 aufnehmen und weitergeben kann. Fündig wurden sie schließlich im menschlichen Körper. Dort sind als α-Carboanhydrasen bekannte Enzyme aktiv. Sie befinden sich in roten Blutkörperchen und sind für die Abgabe von CO2 in den Blutkreislauf verantwortlich.


Bild: Worcester Polytechnic Institute

Kleinere Risse füllten sich innerhalb eines Tages mit neuem Material

Den Ansatz der Forscher fasste Studienautor Nima Rahbar dann wie folgt zusammen: „Da die Enzyme in unseren Körpern beeindruckend schnell reagieren, können sie als effizienter Mechanismus zur Reparatur und zur Stärkung von Betonstrukturen genutzt werden.“ In der Praxis wurden die Enzyme daher isoliert und dem Betonpulver beigemischt. Anschließend wird der Beton ganz normal verarbeitet. Als sich später dann die ersten Risse bildeten, trat der erhoffte Effekt tatsächlich ein: Innerhalb von 24 Stunden waren die millimetergroßen Schäden wieder mit Material gefüllt. Bei ähnlichen Ansätzen, die in der Vergangenheit erprobt wurden, dauerte der selbe Prozess hingegen mehrere Wochen. Man kann also durchaus davon sprechen, dass den Forschern ein wichtiger Durchbruch gelungen ist. Ersten Erkenntnissen zufolge gehen die beteiligten Wissenschaftler zudem davon aus, dass der Ansatz auch preislich attraktiv ist und sich aufgrund der später weniger anfallenden Reparaturkosten finanziell lohnt.

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Die Nachfrage nach neuem Zement könnte signifikant gesenkt werden

Aber auch das Klima gehört zu den potenziellen Profiteuren des neuartigen Betongemischs. Die durch die Enzyme aufgenommene Menge an C02 spielt allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist, dass dadurch die Langlebigkeit von Betonstrukturen erhöht wird. So geht Studienautor Rahbar davon aus, dass Bauwerke, die früher zwanzig Jahre hielten, nun rund achtzig Jahre genutzt werden könnten. Flächendeckend zum Einsatz gebracht, würde dies den Bestand an Betonbauten länger erhalten und so die Notwendigkeit neuer Bauten reduzieren. Weil die Zementherstellung zu den klimaschädlichsten Produktionsverfahren überhaupt gehört, wäre dies ein großer Vorteil im Kampf gegen den Klimawandel. Ihre Ergebnisse haben die Forscher im renommierten Journal „Applied Materials Today“ veröffentlicht. Nun besteht die Herausforderung darin, den Ansatz praxistauglich zu machen und auf so vielen Baustellen wie möglich zum Einsatz zu bringen.

Via: New Atlas

1 Kommentar

  1. Frank Herbrand

    16. Juni 2021 at 23:19

    „In der Praxis wurden die Enzyme daher isoliert und dem Betonpulver beigemischt. Anschließend wird der Beton ganz normal verarbeitet.“

    Betonpulver entsteht, wenn man einen Betonbau abreißt und fein zermahlen in Betonpulversäcke füllt. Hier gemeint ist wohl der Ausgangsstoff von Beton: Zementpulver.

    Betonbaute. sind übrigens sehr ökologisch. Über ihre Lebenszeit und die Zeit danach (z.B. als Straßenunterbau) nehmen sie einen Großteil des CO2 wieder auf, dass bei der Zementherstellung freigesetzt wurde. Das sind rund 50% des insgesamt bei der Herstellung mit fossilen Energieträgern als Brennstoff zum Heizen freigesetzten plus der aus dem Kalkstein freigesetzten CO2-Menge.

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