Bei der Entwicklung von Quantencomputern wurden in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Der Zustand der universalen Quantenüberlegenheit ist zwar noch nicht erreicht. Zumindest gibt es aber erste Industriefirmen, die an kommerziellen Anwendungen arbeiten. Dazu gehört zukünftig auch der deutsche Autozulieferer Bosch. Dieser wird allerdings keinen eigenen Quantencomputer anschaffen, sondern kooperiert mit dem US-Unternehmen IBM. Dadurch erhält der deutsche Konzern Zugriff aus zwanzig der aktuell weltweit leistungsstärksten Quantencomputer. Im Gegenzug verspricht Bosch, die eigene über Jahrzehnte aufgebaute Expertise im Bereich der Materialsimulation zu nutzen, um gemeinsam an konkreten Einsatzszenarien für die Quantencomputer zu arbeiten. Im Idealfall wird die neue Technologie dann genutzt, um bei unterschiedlichen Antriebsformen – von der Brennstoffzelle über den Elektroantrieb bis zum klassischen Verbrennungsmotor – teure und problematische Materialien durch bisher nicht bekannte Alternativen zu ersetzen. Die Nutzung von klassischen Supercomputern ist hier nur eingeschränkt möglich.


Die Simulationen sind für klassische Computer zu komplex

So verfügen etwa die meisten Materialien, die in Brennstoffzellen zum Einsatz kommen über sogenannte stark korrelierte Elektronen. Deren Eigenschaften und die daraus resultierenden Auswirkungen können von klassischen Computern aber nicht mit ausreichender Genauigkeit berechnet werden. Ähnliches gilt für viele potenzielle Rohstoffe im Bereich der für Elektroantriebe wichtigen Magneten. Hier hoffen die Partner nun, mithilfe der Quantencomputer Fortschritte erzielen zu können. Denn diese haben den Vorteil, dass sie nicht nur mit den Zuständen 1 und 0 operieren, sondern auch noch Zwischenzustände kennen. Sie eignen sich daher theoretisch besonders gut für komplexe Simulationen mit schwer zu berechnenden Variablen. Noch steht aber der Nachweis aus, dass sich diese Vorteile auch industriell nutzen lassen. Genau daran wollen Bosch und IBM nun gemeinsam arbeiten. Die Entwicklung solcher und ähnlicher Anwendungen ist für die deutsche Industrie von entscheidender Bedeutung, um beim Thema Quantencomputing nicht abgehängt zu werden.


Erste Ergebnisse sind frühestens in 10 Jahren zu erwarten

Denn beim Bau der Hardware sind amerikanische und chinesische Firmen und Forschungseinrichtungen führend. Dieser technologische Fortschritt dürfte in naher Zukunft auch nicht aufzuholen sein. Nun geht es aber um den Bau der nötigen Software. Oder anders ausgedrückt: Um konkrete und sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten. Hier könnten deutsche Industrieunternehmen eine wichtige Rolle spielen. Bei Bosch ist es vor allem der neue Firmenchef Stefan Hartung, der das Thema vorantreibt. Er will alleine in den nächsten drei Jahren zehn Milliarden Dollar in die Themen Digitalisierung und Vernetzung investieren. Ein nicht unerheblicher Teil davon fließt in die Entwicklung von Anwendungen für Quantencomputer sowie das verwandte Thema der Quantensensorik. All zu schnelle Ergebnisse werden allerdings nicht erwartet: Bosch spricht von einem Zeithorizont von mindestens zehn Jahren, bis die nun eingegangene Kooperation erste Ergebniss liefern könnte.

Via: Handelsblatt

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