Wer in den vergangenen Tagen der Bundeskanzlerin zugehört hat, der hat gemerkt, dass sie es tunlichst vermeidet, sich zu allzu genauen Aussagen darüber hinreißen zu lassen, wann eine Lockerung der Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des neuen Corona-Virus SARS-CoV-2 angestrebt werden kann. Und das aus gutem Grund: Auch wenn die Kurve der Neuinfektionen flacher wird, können etwa dennoch die Kapazitäten der Kliniken knapp werden. Wann mit einer Lockerung zu rechnen ist, hängt von mehreren Faktoren ab.


Mehrere Faktoren sind entscheidend

Wir würden unserer Verantwortung nicht gerecht, wenn wir Exit-Stichtage nennen würden, die der Realität nicht standhalten„, so Angela Merkel in ihrem Podcast. Während die Regierung anfangs den Eindruck verbreitete, die Lockerung der Maßnahmen hänge allein von der Zeit ab, in der sich die Zahl der Infektionen verdoppelt, hat sich die Botschaft nun geändert. Neben der Ausbreitung des Virus würden nun auch die Auswirkung der aktuellen Lage auf die Krankenhäuser eine Rolle spielen. Eine Überlastung der vorhandenen Kapazitäten sollen unbedingt vermieden werden.


Das Maß aller Dinge, wenn es um die Bewertung der Lage geht, bleibt dabei weiterhin das Robert Koch Institut. Dessen Präsident Lothar Wieler nannte am Freitag vier Kriterien, anhand der sich ablesen lasse, ob eine Lockerung der Maßnahmen sinnvoll erscheint. Neben der Verdopplungszahl der Infektionen spielt die Zahl der Erkrankten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung sowie im Vergleich zu den Kapazitäten des Gesundheitssystems eine Rolle. Als viertes Kriterium nannte Wieler die Reproduktionsrate, also die Zahl Menschen, die ein einzelner infizierter Bürger ansteckt. „ Wenn diese Zahl unter eins gedrückt wird, dann lässt die Epidemie langsam nach. Das ist unser Ziel„, so Wieler. Momentan liege diese Zahl ziemlich genau bei einer Person. Dies sei vor allem den beschlossenen Maßnahmen zu verdanken. Zuvor lag die Reproduktionsrate bei fünf bis sieben.

Vorsichtige Lockerung der Beschränkungen

Laut Modellrechnungen des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen seien die Auswirkungen der frühen Maßnahmen, namentlich der Schulschließungen sowie der Absage von Großveranstaltungen, inzwischen deutlich zu sehen. Die Auswirkungen der weitergehenden Maßnahmen, die später hinzukamen, werden sich erst noch zeigen müssen.

Allerdings werde das Leben auch bei einem niedrigen Ansteckungswert nicht sofort so weitergehen wie zuvor, so Wieler. Zwar gäbe es noch keine genauen Pläne für eine schrittweise Exit-Strategie, aber es ist davon auszugehen, dass diese einer gleichzeitigen Aufhebung aller Beschränkungen vorgezogen wird. Eine solche Exit-Strategie könnte auch weiterhin noch elektronische Maßnahmen beinhalten, bei der die Bürger freiwillig und für einen begrenzten Daten Handydaten zur Verfügung stellen, um den Gesundheitsbehörden die Verfolgung von Infektionsketten zu ermöglichen. Eine mögliche Exit-Strategie wurde von der Nationalakademie Leopoldine grob skizziert. Dieses warnt auch davor, die Kontaktbeschränkungen zu lockern, ohne weitere Maßnahmen zu ergreifen. Zu diesen könnten neben einer App für Handydaten auch Maßnahmen wie eine Mundschutzpflicht in Schulen, öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln gehören.

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