Schon seit vielen Jahren versucht die Politik, mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen. Dies würde nicht nur beim Kampf gegen den Klimawandel helfen, sondern auch die angespannte Verkehrssituation in vielen Großstädten entlasten. Experten verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass zwei Bedingungen erfüllt sein müssen, um Menschen tatsächlich zum Umstieg zu bewegen: Der ÖPNV muss zum einen vernünftig ausgebaut und zum anderen erschwinglich sein. In diesem Sommer hat die Bundesregierung mit dem sogenannten Neun-Euro-Ticket nun ein interessantes Experiment gestartet. Denn dieses kann nicht nur genutzt werden, um mit der Regionalbahn nach Sylt zu fahren. Vielmehr stellt es auch für viele Berufspendler ein attraktives Angebot dar. Darauf deuten zumindest erste Auswertungen des Verkehrsdatenspezialisten Tomtom hin. Dieser hat sich die Stausituation in den Kalenderwochen 20 und 25 in 26 deutschen Großstädten einmal genauer angeschaut. Die Zeiträume wurden jeweils so gewählt, dass Sondereffekte wie Feiertage oder Ferien nicht zum tragen kamen.


Die Autofahrer sparen wertvolle Zeit im Berufsverkehr

Das Ergebnis: In 23 der untersuchten Städte hat sich das Verkehrsaufkommen im Berufsverkehr tatsächlich reduziert. Die logische Folge: Es kam zu weniger Staus. Oder anders ausgedrückt: Die Pendler, die weiterhin ihr Auto nutzten, kamen schneller an ihr Ziel. So reduzierte sich die Fahrtzeit bei einer Strecke, für die sonst dreißig Minuten benötigt werden, in Hamburg immerhin um 4,2 Minuten. In den meisten anderen Städten sah das Bild ähnlich aus. Aus der Reihe tanzten lediglich Kiel und Nürnberg, wo sogar eine Verschlechterung der Verkehrssituation erfasst wurde. Woran dies genau lag, ist aktuell noch unklar. Hierzu müsste man sich die Situation vor Ort im Detail anschauen. Denkbar sind beispielsweise größere Baustellen oder andere lokale Faktoren. Klar ist aber: In der überwältigenden Mehrheit der untersuchten Städte gab es eine Verbesserung der Verkehrssituation. Interessanterweise trat dieser Effekt aber nicht auf einen Schlag nach Einführung des Neun-Euro-Tickets ein. Stattdessen verbesserte die Lage sich mehr oder weniger kontinuierlich.


Der ÖPNV-Boom könnte schon bald wieder vorbei sein

Dies könnte dafür sprechen, dass nach und nach immer mehr Menschen die preisgünstige Alternative ausprobiert haben – und dann dabei geblieben sind. Die Verkehrsunternehmen berichten jedenfalls von deutlich volleren Zügen und Bussen. Dies spricht dafür, dass tatsächlich das Neun-Euro-Ticket für die verbesserte Verkehrssituation verantwortlich ist. Unklar ist allerdings, wie viele der Umsteiger dem ÖPNV treu bleiben werden, wenn dieser wieder deutlich teurer wird. Aktuell ist geplant, die starke Preisreduzierung Ende August auslaufen zu lassen. Anschließend müssten dann wieder die regulären Preise gezahlt werden. Es wird allerdings auch darüber diskutiert, das Projekt unter anderem Namen weiterlaufen zu lassen. So wäre es denkbar, ein ähnliches Angebot unter dem Namen Klimaticket zu etablieren. Denn weniger Verkehr und weniger Staus bedeuten immer auch weniger Klimaemissionen. Noch ist in dieser Frage also das letzte Wort nicht gesprochen.

Via: Tagesschau

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