Die deutsche Justiz soll digitaler werden. Mit zwei aktuellen Gesetzentwürfen möchte das Bundesjustizministerium die Voraussetzungen dafür schaffen, dass gerichtliche Zivilverfahren künftig online geführt und notarielle Beurkundungen elektronisch abgewickelt werden können. Ziel ist es, Verfahren effizienter, bürgernäher und kostengünstiger zu gestalten – und damit die Justiz moderner aufzustellen.


Online-Klageverfahren zunächst im Pilotbetrieb

Ein zentraler Bestandteil der Reformpläne ist das sogenannte „Online-Verfahren“, das es ermöglichen soll, einfache zivilrechtliche Klagen vollständig digital zu erheben und durchzuführen. Vorgesehen ist ein vereinfachtes Gerichtsverfahren für Geldforderungen bis zu einer noch zu definierenden Höhe. Es richtet sich vor allem an Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihre Rechte gegenüber Unternehmen geltend machen wollen, etwa im Bereich der Fluggastrechte oder bei typischen Massenschäden.


Das neue Verfahren soll zunächst in einem Pilotprojekt an 13 Amtsgerichten in neun Bundesländern erprobt werden. Dabei steht nicht nur die technische Umsetzbarkeit im Fokus, sondern auch die Frage, wie die Gerichte mit einer möglicherweise erhöhten Anzahl digitaler Klagen umgehen. Vorgesehen ist ein niedrigschwelliges System, das über ein benutzerfreundliches Online-Formular funktioniert. Auch die Gerichtsgebühren sollen im Vergleich zum herkömmlichen Zivilverfahren reduziert werden.

Justizminister Marco Buschmann erklärte dazu: „Viele Menschen verzichten auf die Durchsetzung ihrer Rechte, weil der Weg zum Gericht zu kompliziert erscheint. Mit dem Online-Verfahren wollen wir einen einfachen und digitalen Zugang zur Justiz schaffen.“ Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, das Verfahren regelmäßig zu evaluieren – nach vier sowie nach acht Jahren – um es gegebenenfalls weiterzuentwickeln.

Elektronische Beurkundungen durch Notarinnen und Notare

Neben dem digitalen Klageweg enthält das Gesetzespaket auch Regelungen zur Einführung elektronischer notarieller Beurkundungen. Bislang müssen notarielle Urkunden zwingend in Papierform vorliegen. Zukünftig sollen sie auch elektronisch erstellt und beurkundet werden können. Die Unterschrift der Beteiligten kann dann beispielsweise mithilfe eines Signaturpads oder einer qualifizierten elektronischen Signatur erfolgen. Die notarielle Beglaubigung soll ebenfalls digital möglich sein.

Mit dieser Neuerung soll der Aufwand für Notarinnen und Notare sowie für Gerichte und Verwaltungen reduziert werden. Auch für Auslandsvertretungen wie Konsulate könnten sich die Abläufe dadurch deutlich vereinfachen. Das Verfahren bleibt dabei weiterhin formgebunden und unterliegt strengen Anforderungen an die Sicherheit und Nachvollziehbarkeit.

Die Beurkundung in Papierform bleibt aber auch weiterhin zulässig. Die digitale Variante soll vielmehr eine zusätzliche Möglichkeit darstellen, um insbesondere bei häufig vorkommenden Standardgeschäften den Aufwand zu minimieren.

Digitalisierung mit Augenmaß

Beide Gesetzentwürfe stehen unter dem Vorzeichen einer vorsichtigen, aber zielgerichteten Digitalisierung der Justiz. Während das Online-Verfahren neue Wege im Bereich der gerichtlichen Auseinandersetzung öffnet, modernisiert die elektronische Beurkundung notarielles Arbeiten. Beide Maßnahmen versprechen mehr Effizienz und Bürgerfreundlichkeit – auch wenn die Umsetzung mit Herausforderungen verbunden ist.

Kritikerinnen und Kritiker mahnen an, dass ein digitaler Zugang zur Justiz allein nicht ausreiche. Es sei ebenso notwendig, Barrieren abzubauen, zum Beispiel durch einfache Sprache und klare Anleitungen. Auch die technische Infrastruktur müsse leistungsfähig und ausfallsicher sein. Die geplanten Evaluierungszeiträume sollen sicherstellen, dass mögliche Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden können.

Der Gesetzgebungsprozess ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Bundestag und Bundesrat müssen den Entwürfen noch zustimmen. Kommt es dazu, könnten die Pilotprojekte bereits 2026 starten – ein erster Schritt auf dem Weg zu einer moderneren Justiz.

 

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