Dass die Nutzung von fossilen Brennstoffen langfristig keine Zukunft hat, ist schon seit einigen Jahren klar. Erdgas spielte allerdings lange eine etwas gesonderte Rolle. Angedacht war eine Art Brückenfunktion bis der Ausbau der Erneuerbaren Energien weit genug fortgeschritten ist. Dies galt auch für die geplante Wasserstoff-Wirtschaft: Hier sollte durch die Nutzung von Erdgas ausreichend grauer Wasserstoff zur Verfügung stehen, um eine Umstellung der industriellen Prozesse zu ermöglichen bis der mit Ökostrom produzierte grüne Wasserstoff auch preislich konkurrenzfähig ist. Diese Idee scheint inzwischen aber überholt zu sein. Denn aktuell ist es in vielen Regionen so, dass grüner Wasserstoff die preiswertere Alternative ist. Dabei ist der benötigte Ökostrom gar nicht so viel billiger geworden. Stattdessen sorgte der russische Angriffskrieg in der Ukraine für starke Preissteigerungen beim Erdgas. Dies wiederum sorgt nun dafür, dass viele Unternehmen auf den Zwischenschritt mit Erdgas verzichten und direkt in grünen Wasserstoff investieren.


Zahlreiche industrielle Prozesse können nicht elektrifiziert werden

Benötigt wird dieser überall dort, wo sich nicht einfach direkt Strom nutzen lässt. Dies gilt etwa für die Schiff- und Luftfahrt, weil bisher keine Akkus zur Verfügung stehen, die leistungsfähig genug sind. Aber auch zahlreiche wichtige industrielle Prozesse – etwa die Stahl- und Zementproduktion – lassen sich nicht elektrifizieren. Grüner Wasserstoff ist hier aktuell die einzige Chance auf eine klimaneutrale Vorgehensweise. Experten des Analyseunternehmens Bloomberg New Energy Finance haben sich nun einmal weltweit die Preise für grünen und grauen Wasserstoff angeschaut. Das Ergebnis: Während die Erdgas-Variante mit 6,71 Dollar pro Kilogramm zu Buche schlägt, erhält man grünen Wasserstoff teilweise schon für 4,84 Dollar pro Kilogramm. Hier schlägt sich der deutlich gestiegene Gaspreis nieder, der aktuell rund sechsmal so hoch liegt wie noch vor einem Jahr. Um Wasserstoff zu produzieren, werden sogenannte Elektrolyseure benötigt. Diese spalten Wasser mithilfe von Energie in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Die neue Preissituation sorgt nun dafür, dass die Hersteller massiv zunehmende Bestellzahlen zu verzeichnen haben.


Deutschland hinkt der globalen Entwicklung hinterher

Neben Spezialfirmen wie Sunfire aus Dresden haben inzwischen auch zahlreiche große Industriekonzerne hier ihre Aktivitäten ausgebaut. Dazu gehören unter anderem Siemens Energy, Linde und ThyssenKrupp. Die deutsche Industrie könnte von der Umstellung auf eine Wasserstoff-Wirtschaft also durchaus profitieren. Bei der Preisentwicklung des grünen Wasserstoffs allerdings hinkt Deutschland der globalen Entwicklung noch deutlich hinterher. Der Grund: Die Bundesregierung besteht auf dem Prinzip der Zusätzlichkeit. Grüner Wasserstoff darf also nicht einfach mit auf dem Markt gekauftem Ökostrom produziert werden. Stattdessen müssen die Windkraft- oder Solaranlagen extra dafür zusätzlich errichtet werden. Dadurch sollen Kannibalisierungseffekte vermieden werden. Es sorgt aber auch dafür, dass hohe Investitionen nötig sind und langwierige Genehmigungsverfahren notwendig werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat sich trotzdem ambitionierte Ziele gesetzt: Bis zum Jahr 2030 sollen die Elektrolysekapazitäten auf 10.000 Megawatt steigen. Zum Vergleich: Aktuell liegen sie bei sechzig Megawatt.

Via: Handelsblatt

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