Die Gerichte in den Niederlanden befassen sich schon länger mit dem Thema Klimaschutz. Bereits im Jahr 2015 wurde die Regierung erstmals zu schärferen und konkreteren Maßnahmen verurteilt. Nachdem sämtliche Instanzen durchlaufen waren, bestätigte schließlich 2019 auch der Oberste Gerichtshof des Landes das Urteil. Als Folge dessen wurde unter anderem das landesweite Tempolimit auf 100 Km/h reduziert. Davon ermutigt reichten zahlreiche Bürger und Umweltschutzorganisationen auch eine Klage gegen den Shell-Konzern ein. Der Hintergrund: Der Öl- und Gaskonzern ist den Angaben der Kläger zufolge direkt und indirekt für rund neun Mal mehr Emissionen verantwortlich als der niederländische Staat. Dementsprechend müssten eigentlich auch die Bemühungen in Sachen Klimaschutz ambitionierter ausfallen. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Selbst in der eigenen Branche gilt der Klimaschutzplan des Unternehmens als eher zurückhaltend.


Bild: I, Schreibschaf / CC BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

Die Richter geben dem Konzern nur wenig Zeit

Ein Beispiel: Die Ölförderung soll lediglich um maximal zwei Prozent jährlich zurückgefahren werden. Selbst im besten Fall entspräche dies bis zum Jahr 2030 lediglich einer Reduzierung um ein Fünftel. Zuletzt hatte daher auch ein nicht unerheblicher Teil der eigenen Aktionäre ein stärkeres Engagement gefordert. Eine Mehrheit auf der Hauptversammlung fand sich für den entsprechenden Antrag dann aber doch noch nicht. Die Richter hingegen machten dem Konzern nun konkrete Vorgaben: So sollen die CO2-Emissionen innerhalb der nächsten neun Jahre um 45 Prozent verringert werden. Als Vergleichsjahr gilt dabei 2019. Dies dürfte für den Konzern nur durch eine starke Drosselung bei der Förderung von fossilen Energieträgern zu schaffen sein. Denn andere angestrebte Technologien – etwa die dauerhafte Speicherung von CO2 – stecken noch in den Kinderschuhen und dürften nicht zeitnah genug zur Verfügung stehen.

Das Urteil könnte über den Einzelfall hinausreichen

Das Urteil hat zudem Auswirkungen über den Shell-Konzern hinaus. Denn die Richter bezogen sich explizit auch auf die Zulieferer und Kunden des Konzerns. Allerdings räumten die Richter auch ein, dass Shell hier natürlich nur bedingt Einfluss nehmen kann. Zumindest etablierten sie aber eine sogenannte Best-Effort-Klausel. Der Ölkonzern muss sich also nachweislich und ernsthaft dafür einsetzen, auch hier die Emissionen zu verringern. Klimaschützer hoffen zudem auf eine Art Schneeballeffekt, der zunächst die Öl- und Gasindustrie und später dann auch die gesamte Wirtschaft erfasst. Dies könnte der Fall sein, weil Unternehmen entweder von alleine ihre Bemühungen verschärfen, weil sie fürchten sonst ebenfalls von der Justiz dazu gezwungen zu werden. Oder aber es kommt tatsächlich noch zu zahlreichen weiteren entsprechenden Urteilen. Um einen solchen Effekt zu erreichen, muss der Richterspruch aber zunächst vor der nächst höheren Instanz bestehen. Denn der Shell-Konzern hat bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Das juristische Tauziehen könnte sich also noch etwas hinziehen.


Via: Reuters

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