Die Europäische Union hat in den letzten Jahren Milliarden an Fördergeldern für die Umrüstung von Kohlekraftwerken ausgeschüttet. Diese verbrennen nun Holz-Pellets anstelle von Kohle, was die Klimabilanz auf dem Papier deutlich verbessert. Die Idee dahinter: Holz setzt bei der Verbrennung nur so viel CO2 frei wie es zuvor im Laufe seines Lebens aufgenommen hat. Werden gefällte Bäume also sofort durch neue ersetzt, entsteht so ein dauerhafter Kreislauf ohne große Emissionen. Das Verbrennen von Biomasse gilt daher grundsätzlich als klimafreundlich und nachhaltig. Allerdings liegt der Teufel wie so oft im Detail. Denn als die EU-Förderung aufgelegt wurde, ging man davon aus, dass hauptsächlich Reststoffe aus anderen Industrien – etwa Sägewerken – verbrannt werden. In der entsprechenden Richtlinie wurde dies aber nicht verbindlich festgehalten.


Bild: böhringer friedrich, CC BY-SA 2.5 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5>, via Wikimedia Commons

Oftmals werden neu gefällte Bäume direkt zu Pellets verarbeitet

Die Folge: Es werden auch Kraftwerke gefördert, bei denen Pellets verbrannt werden, die aus frisch gefällten Bäumen produziert wurden. Teilweise ist so sogar eine eigene Industrie entstanden, die sich genau darauf spezialisiert hat. So wird Raul Kirjanen, seines Zeichens viertreichster Este, auch als „Pelletkönig“ bezeichnet. Der Hintergrund: Ihm gehört die Firma Graanul Invest, die im vergangenen Jahr 2,5 Millionen Tonnen Holzpellets produzierte und dafür elf Millionen Euro an Subventionen einstrich. Folgt man dem Nachhaltigkeitsbericht des Unternehmens bestand die Holzernte zu 84 Prozent aus Kahlschlägen. Hier geschieht also genau das, was Umweltschützer für hoch problematisch halten: Es werden Bäume gefällt, nur um sie anschließend zur Energiegewinnung zu verbrennen. Der Konzern verweist allerdings darauf, dass er nicht nur Bäume fällt, sondern auch pflanzt.

Das CO2-Budget gleicht sich erst extrem spät wieder aus

Das stimmt tatsächlich. Alleine im vergangenen Jahr wurden 1,5 Millionen neue Bäume gepflanzt, um die Verluste durch die Kahlschläge auszugleichen. Experten bezweifeln allerdings, ob dies ausreicht, um wirklich die gewünschte Klimaneutralität zu erreichen. Denn es ziehen viele Jahre ins Lande, bevor der Wald tatsächlich nachgewachsen ist. Es vergeht also einiges an Zeit, bis die neuen Bäume das verbrauchte CO2-Budget wieder ausgeglichen haben. Fachleute rechnen hier teilweise mit einem zeitlichen Rahmen von bis zu vierzig Jahren. Da es beim Klimaschutz aber vor allem darum geht, die Emissionen jetzt und in naher Zukunft zu senken, ist das Verbrennen von Bäumen nicht besonders hilfreich. Hinzu kommt: Die Waldfläche in Estland ist auch trotz der neu gepflanzten Bäume zurückgegangen. Und zwar alleine in den besonders geschützten Natura-2000-Gebieten um 15.000 Hektar in den Jahren 2001 bis 2019.


Via: Die Zeit

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