Die Industrie steht nicht nur in Deutschland vor einer gewaltigen Transformation. Denn um den Weltklimavertrag von Paris zu erfüllen, müssen quasi alle industriellen Prozesse möglichst klimaneutral ablaufen. In einigen Bereichen ist dies vergleichsweise einfach, weil auf die Nutzung von Ökostrom umgestellt werden kann. Andere Prozesse sind deutlich komplexer und energieintensiver. Hier wird oftmals auf den Einsatz von Wasserstoff gesetzt. Dieser steht aktuell aber schlicht noch nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung. Zwei Branchen, die vor besonders großen Herausforderungen stehen sind die Stahl- und die Chemieindustrie. Forscher der amerikanischen Northwestern University haben nun aber möglicherweise eine Lösung entwickelt, die beiden Industrien helfen könnte. Die Idee: Gezielt gentechnisch veränderte Bakterien sollen die Abgase der Stahlwerke nutzen, um daraus stark nachgefragte Chemikalien zu produzieren. Dabei wird mehr CO2 gebunden als freigesetzt, weshalb es sich um einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz handelt.


Bundesarchiv, B 145 Bild-F079044-0020 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons

Die Bakterien wurden gezielt für die Aufgabe angepasst

Konkret geht es um die Chemikalien Azeton und Isopropanol. Beide sind vielfältig einsetzbar und kommen bei verschiedenen Prozessen zum Einsatz. Azeton etwa dient als Lösungsmittel und spielt unter anderem bei der Produktion von Acrylglas eine Rolle. Isopropanol wiederum findet Verwendung bei Kosmetika und Medikamenten. Weltweit wird mit den beiden Chemikalien ein Umsatz von immerhin rund zehn Milliarden Dollar pro Jahr erzielt. Bisher allerdings werden für die Produktion Erdöl und Erdgas benötigt. Beide Chemikalien verfügen daher über keine besonders gute Klimabilanz. Bei Azeton beispielsweise wird während der Herstellung 2,55 mal so viel CO2 freigesetzt wie gebunden. Isopropanol kommt auf einen Wert von 1,85 und steht somit nur wenig besser dar. Um dies zu ändern, recherchierten die US-Forscher in umfangreichen Gendatenbanken, um Bakterien zu finden, mit deren Hilfe die Abgase von Stahlwerken entsprechend genutzt werden können. Tatsächlich wurden sie fündig und nahmen anschließend noch einige gezielte Anpassungen vor.

Die Lebenszyklusanalyse ergab erfreuliche Werte

So wurden Gene ausgeschaltet, die für die Produktion von unerwünschten Nebenprodukten verantwortlich waren. Die für die gewünschte Herstellung benötigten Gene wurden wiederum verdoppelt. Auf diese Weise konnte ein Verfahren entwickelt werden, dass auch im industriellen Maßstab umsetzbar ist. Getestet wurde der Prozess nicht nur im Labor, sondern auch mit einem industriellen 120-Liter-Tank. Dabei führten die Forscher eine sogenannte Lebenszyklusanalyse durch. Die Werte der Chemikalien lagen dabei im negativen Bereich. Azeton beispielweise kam auf ein Ergebnis von minus 1,78, während bei Isopropanol minus 1,17 ermittelt wurde. In beiden Fällen wurde also mehr CO2 gebunden als freigesetzt. Die beteiligten Forscher wollen das Verfahren nun so schnell wie möglich auch in der Praxis zum Einsatz bringen. Für die Zukunft sehen sie zudem noch weitaus größeres Potenzial. Denn der Ansatz könnte auch zur Herstellung weiterer wichtiger Chemikalien genutzt werden.


Via: Der Spiegel

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