Auch in Deutschland sind die Folgen des Klimawandels längst angekommen. Neben Schädlingen sind Dürren und Waldbrände bedrohen vielerorts die Waldbestände. Und damit offenbart sich eine Verbindung, die nicht für jeden auf der Hand liegen dürfte: Die schwindenden Waldbestände sind auch eine direkte Bedrohung für die Bereitstellung von Trinkwasser. Forscher:innen haben dies nun am Beispiel der Rappbodetalsperre dargelegt.


Bild: André Künzelmann/UFZ

Waldverlust schlägt aufs Trinkwasser durch

Wälder spielen im Wasserkreislauf eine wichtige Rolle. Sie speichern nicht nur Wasser, sie filtern es auch und binden Schadstoffe oder Düngerückstände. Dadurch tragen sie ganz erheblich zur Verbesserung der Wasserqualität bei. Wälder die im Einzugsgebiet eines Wasserkörpers zur Trinkwasserversorgung liegen haben deshalb eine besondere Bedeutung. Und selbstverständlich bleiben auch diese Wälder nicht von der Bedrohung durch den Klimawandel verschont. Hitzewellen, Überschwemmungen, Brände und Dürren bedrohen den Waldbestand und schwächen die Widerstandskraft der Bäume gegen weitere Bedrohungen wie etwa Borkenkäferbefall.

Von diesem Effekt ist unter anderem auch das Einzugsgebiet der Rappbodetalsperre im Ostharz betroffen. Es handelt sich dabei um die größte Trinkwassertalsperre Deutschlands, die etwa eine Million Menschen mit Trinkwasser versorgt. Ein Team rund um Michael Rode vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Magdeburg hat das System rund um die Rappbodetalsperre als Modell herangezogen, um die Auswirkungen klimabedingter Entwaldungsprozesse auf die Trinkwasserqualität von Talsperren zu untersuchen. „ Das von Nadelwald – vorwiegend Fichte – geprägte Einzugsgebiet der Rappbode hat in den vergangenen vier Jahren über 50 Prozent seines Waldes verloren. Dieser massive Verlust schreitet schnell voran und ist dramatisch. Es scheint klar, dass das für das Trinkwasserreservoir nicht folgenlos bleibt“, so Rode.


Das Problem ist der Nährstoffgehalt

Besondere Bedeutung kommt dabei dem Einfluss auf den Nährstoffgehalt des auf die Nährstoffgehalte des Wassers wichtig. So sollte es etwa wenig Stickstoff und Phosphor im Wasser geben. „Dann können sich weniger Algen entwickeln, und die Trinkwasseraufbereitung im Wasserwerk läuft kostengünstiger und mit weniger Aufwand. Das Nährstoffmanagement in Wasserschutzgebieten ist daher sehr wichtig. Langfristige Konzepte, bei denen Forst- und Wasserwirtschaft eng zusammenarbeiten, haben in den vergangenen Jahrzehnten die Entwicklung großer Waldareale im Einzugsgebiet der Rappbodetalsperre vorangetrieben„, so Karsten Rinke vom UFZ. Dem gegenüber steht nun eine schnelle Entwaldung, getrieben vom Klimawandel.

Das Team des UFZ wollte genauer einschätzen können, welche Beeinträchtigungen der Wasserqualität zu erwarten sind. Dazu sammelten die Forscher:innen umfassende Daten und führten Modellsimulationen durch. „Wir konnten auf Umweltdaten aus einem Zeitraum von über zehn Jahren zurückgreifen und hatten so eine solide Datengrundlage„, sagt Erstautor Xiangzhen Kong von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Nanjing. Für die Prognose nutzten die Wissenschaftler:innen Informationen eines internationalen Klima-Forschungsprojekts. Diese Daten wurden in ein Modell eingespeist, mit dem dann die klimabedingten Auswirkungen auf den Nährstoffhaushalt des Einzugsgebiets vorhergesagt werden konnten. Anschließend setzte das Team ein Talsperren-Ökosystem-Modell ein und berechnete die Auswirkungen unterschiedlicher Entwaldungsszenarien auf die Wasserqualität im Jahr 2034.

Algenwachstum und Qualitätsverschlechterung

Das Ergebnis war, das in einem Szenario mit einem zu erwartenden Waldverlust von bis zu 80 Prozent in der Rappbode-Vorsperre die Konzentration gelösten Phosphors im Wasser über einen Zeitraum von 15 Jahren um 85 Prozent steigen würden. Bei der Stickstoffkonzentration wäre ein Anstieg um mehr als 120 Prozent zu erwarten. Die Folge dieser Entwicklung wäre vermehrtes Algenwachstum – 80 Prozent Anstieg bei Kieselalgen, 200 Prozent bei Grünalgen. „ Der Waldverlust als indirekte Folge des Klimawandels hat auf die Wasserqualität von Talsperren einen stärkeren Effekt als direkte Auswirkungen des Klimawandels wie etwa die Erhöhung der Wassertemperatur. In diesem Ausmaß hat uns das tatsächlich überrascht„, fasst Kong die Ergebnisse der Studie zusammen.

Laut den Forscher:innen lassen sich diese Ergebnisse auch auf andere Einzugsgebiete von Talsperren in vergleichbaren Regionen übertragen. „In Einzugsgebieten von Talsperren sollten Nährstoffeinträge noch stärker als bisher heruntergefahren werden, bereits begonnene Wiederaufforstungsprojekte mit trockenresistenten Baumarten weiter vorangetrieben und Wasserwerke mit selektiven Wasserentnahmestrategien an die anstehenden Entwicklungen angepasst werden„, so Rode. Daneben sollte es natürlich das Ziel sein, die Entwaldungsprozesse so stark wie möglich zu begrenzen.

via Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

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