Das Bakterium Shewanella oneidensis ist keine vollkommen neue Entdeckung. Vielmehr ist schon länger bekannt, dass es sich um einen Vertreter der exoelektrogenen Bakterien handelt. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies: Während des Stoffwechselprozesses werden Elektronen produziert und zur Außenseite der Zelle gebracht. Um diesen Stromfluss effektiv nutzen zu können, muss man die Elektronen aber noch gezielt auf eine Elektrode leiten. Genau daran ist die Wissenschaft bisher stets gescheitert. Zwar ist es gelungen, die Bakterien in ein leitendes Material einzubetten. Aber entweder wurde der Vorgang dadurch extrem ineffizient oder der Stromfluss konnte nicht gesteuert werden. Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) konnten nun aber einen Durchbruch verkünden: Sie entwickelten ein programmierbares biohybrides System, das gleich zwei entscheidende Aufgaben erfüllt.


Grafik: Niemeyer-Lab, KIT

Die Bakterien siedelten sich auf einer leitfähigen Matrix an

Konkret handelt es sich um ein poröses Hydrogel aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Kieselsäure-Nanopartikeln. Zusätzlich sind die DNA-Stränge miteinander verwoben. Dadurch entsteht eine leitfähige Matrix, auf der sich die Bakterien ansiedeln. Die neu entwickelte Struktur sorgte dabei zum einen dafür, dass die Elektronen zur Elektrode geleitet werden. Gleichzeitig besteht die Aufgabe aber auch darin, möglichst viele Bakterien zu verbinden. Der Trick funktionierte tatsächlich: Immer mehr Bakterien siedelten sich auf der Matrix an und sorgten so für einen steigenden Stromfluss. Mithilfe eins Enzyms konnten die Forscher den Prozess zudem auch wieder unterbrechen. Am wichtigsten aber: Das System blieb über mehrere Tage stabil und zeigte eine konstante elektrochemische Aktivität. Damit wurde unter Beweis gestellt, dass das Verbundmaterial tatsächlich in der Lage ist, die Elektronen gezielt und dauerhaft an die gewünschte Stelle zu leiten.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig

Den Angaben von Christof Niemeyer, der das Forschungsteam in Karlsruhe leitete, zufolge handelt es sich um einen wissenschaftlichen Durchbruch: Nie zuvor sei ein „solch komplexes und funktionelles biohybrides Material beschrieben“ worden. Bei den potentiellen Nutzungsmöglichkeiten zeigt der Forscher sich zudem recht optimistisch: „Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass mögliche Anwendungen solcher Materialien sogar über mikrobielle Biosensoren, Bioreaktoren und Brennstoffzellensysteme hinausgehen könnten.“ Veröffentlicht wurden die Ergebnisse der Forschungsarbeiten in der Fachzeitschrift „Applied Materials & Interfaces“. Eine erste Überprüfung durch nicht mit dem Projekt verbundene Wissenschaftler hat also schon stattgefunden. Nun bleibt abzuwarten, inwieweit es gelingen wird, auf Basis dieser Grundlagenforschung konkrete Produkte zu entwickeln.


Via: KIT

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