Sich gesund und bewusst zu ernähren ist wichtig. Keine Frage. Um diese Erkenntnis haben sich in den letzten Jahrzehnten viele alternative Ernährungsformen entwickelt. Egal ob Veganer, Frutarier, Pescetarier oder Flexitarier: Neben ethischen Gründen spielen zumeist auch gesundheitliche Erwägungen eine Rolle bei alternativen Ernährungsformen. Was viele aber nicht wissen: Auch der Drang zur gesunden Ernährung kann zu einer Krankheit werden. Diese nennt sich dann Orthodoxie.


Bild:  Green Salad, Flickr, Denis Karpenkov, CC BY-SA 2.0
Bild: Green Salad, Flickr, Denis Karpenkov, CC BY-SA 2.0

Wenn Gesundheit krank macht

Der Wunsch nach gesundem Essen ist nachvollziehbar. Vielmehr noch, es ist grundsätzlich lobenswert, sich Gedanken über die eigene Ernährung zu machen. Denn so lebt es sich zumeist gesünder, als Menschen, die einfach wahllos essen, was ihnen vor die Nase kommt. Der Drang zur gesunden Ernährung liegt jedoch derzeit im Trend. Aus ihm entstanden Dinge wie die Green-Smoothie-Bewegung oder die Paleo-Diät. Doch auch gesunde Ernährung kann zu krankhaftem Verhalten werden – nämlich dann, wenn sie zum Zwang wird. In solchen Fällen sprechen Fachleute von einer Orthorexie. Dabei handelt es sich um eine Fixierung auf den ausschließlichen Verzehr von gesunden Lebensmitteln. Die Definition davon, was gesund ist und was nicht, kann dabei individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Das wird dann problematisch, wenn die Fixierung sich auf eine Ernährung bezieht, die aufgrund subjektiver Fehlvorstellungen über deren gesundheitlichen Wert zu extremen Mangelerscheinungen führen kann.

Ein Beispiel für ein Opfer der Orthorexie ist die US-Bloggerin Jordan Younger, die über Ernährung und veganen Lebensstil bloggt. Ihr Geständnis, an einer Essstörung zu leiden, schlug damals ein wie eine Bombe. „Ich habe in einer Blase des Verzichts gelebt. Komplett vegan, ausschließlich pflanzlich, nur glutenfrei, ölfrei, zuckerfrei, mehlfrei, ohne Dressing oder Soße„, so schreibt Younger in ihrem Blog.


Vom Spleen zur Krankheit

Orthorexie im Anfangsstadium ist erstmal eine Essbesonderheit. Wenn sich aber das ganze Leben darum dreht, was man essen kann und was nicht, dann nimmt das ganze krankhafte Ausmaße an. Neben gesundheitlichen Problemen können auch soziale Probleme auftreten. Schließlich fällt es Betroffenen schwer, Freunde in einem Restaurant oder auf einen Drink zu treffen. So ging es Jordan Younger, die sich schließlich nur noch in Saftbars treffen konnte und auch dort nichts trank, wenn “ihre” Sorte nicht angeboten wurde. Younger hat ihre Orthorexie nach eigenen Angaben inzwischen überwunden und ein Buch über Essprobleme veröffentlicht.

Man spricht immer dann von einer psychischen Störung, wenn sie das Alltagsleben der Betroffenen dominiert. Zu dem psychischen Aspekt kommen körperliche Probleme wie Untergewicht. Sie lassen immer mehr Nahrung weg, was zu Mangelzuständen führen kann. Die Hormonsituation im Körper stellt sich um”, erklärt Cora Weber, Fachärztin für Psychosomatische Medizin an der Berliner Charité, das Krankheitsbild.

Hilfe beim Psychologen

Auch wenn sie im Krankheitskatalog ICD nicht aufgeführt ist, handelt es sich bei der Orthodoxie dennoch um ein weitestgehend anerkanntes Krankheitsbild, das aber eng mit der Anorexie zusammenhängt, der sogenannten Magersucht. Es handelt sich um ein Zeitgeist-Phänomen, das seine Ursache unter anderem auch in den Lebensmittel-Skandalen der letzten Jahre hat. Seien es nun BSE oder Antibiotika im Fleisch: Derartige Phänomene können dazu führen, immer mehr Kontrolle über die eigene Ernährung ausüben zu wollen. Was an sich ja auch völlig in Ordnung ist – aber eben nicht übertrieben werden darf.

Wer von Orthorexie oder anderen Essstörungen betroffen ist, der findet Hilfe bei Psychologen. In extremen Fällen ist eine stationäre Behandlung indiziert. Das gilt vor allem, wenn die Ernährung die Gesundheit der Betroffenen massiv gefährdet.

4 Kommentare

  1. Mahée Ferlini

    30. Dezember 2015 at 15:56

    Wichtig, dass wir mehr Information über dieser Esstorung wissen und reden.

  2. ps666

    4. Januar 2016 at 13:39

  3. Alexander Trisko

    4. Januar 2016 at 14:03

    Was das Krankheitsbild mit Antiveganismus zu tun hat, ist mir ein Rätsel, schließlich kann man derartige Zwänge auch entwickeln, wenn Fleisch Teil der eigenen Ernährung ist.

    Darüber hinaus ist es doch relativ egal, ob man diesen Zwang nun diagnostisch in ein eigenes Krankheitsbild einordnet oder als Zwangsstörung bezeichnet. So gesehen ist auch Bulimie „nur“ eine Zwangsstörung. Auch der ICD-Katalog ist nicht das Ende jeder diagnostischen Möglichkeit, das zeigte sich in den letzten Jahrzehnten oft genug.

  4. ps666

    4. Januar 2016 at 16:32

    Orthorexie existiert nicht und wird nicht, wie behauptet, anerkannt.
    Veganismus ist keine Ernährungsform oder Diät. Die Behauptung ist antivegan. Kein Veganer ist aus gesundheitlichen Gründen vegan.
    Veganer, Frutarier, Pescetarier und Flexitarier nebeneinander zu stellen ist beleidigend und antivegan.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.