Die filigrane Beweglichkeit der menschlichen Hände ist herausragend. Dies ermöglicht uns eine Menge an interessanten Tätigkeiten – vom Tippen auf einer Computertastatur über komplexe Ballspiele bis hin zur Beherrschung von Musikinstrumenten. Umgekehrt gilt damit aber auch: Geht die Beweglichkeit verloren, sind auch die betroffenen Personen stark eingeschränkt. Tatsächlich geschieht dies häufiger als man denkt. Teilweise sind dafür Unfälle verantwortlich, oftmals aber auch die weit verbreitete rheumatoide Arthritis. Behandlungsmöglichkeiten gibt es bisher nur wenige. Eine Versteifung des Fingers bringt beispielsweise eine eingeschränkte Beweglichkeit mit sich. Implantate wiederum lösen sich sehr schnell wieder oder sind nur in Standardgrößen verfügbar. Ohne individuelle Anpassung aber kann die ursprüngliche Filigranität nicht wieder erreicht werden. Vor diesem Hintergrund haben Forscher verschiedener Fraunhofer-Institute nun eine interessante Entwicklung präsentiert: Sie können mit dem 3D-Drucker individuelle Fingergelenks-Implantate aus Titan oder Keramik herstellen.


Bild: Fraunhofer IAPT

Das Implantat wird individuell für jeden Patienten entworfen

Was zunächst recht einfach klingt, wurde tatsächlich erst durch eine Reihe an Innovationen möglich. Vor dem Druck etwa muss zunächst ein möglichst genauer Bauplan geschaffen werden. In den wenigsten Fällen dürften allerdings 3D-Modelle der noch intakten Finger zur Verfügung stehen. Stattdessen müssen die Röntgenaufnahmen der schon geschädigten Fingergelenke als Basis dienen. Die Forscher haben daher eine KI-Software entwickelt, die in der Lage ist aus diesen 2D-Aufnahmen zunächst dreidimensionale Modelle zu entwickeln und anschließend die bereits existierenden Fehlstellungen zu beheben. Auf diese Weise entsteht ein ideales virtuelles Fingergelenk für exakt den betroffenen Patienten. Nun muss allerdings noch der Schritt aus der Software in die Realität gelingen. Hierfür nutzten die Forscher verschiedene spezialisierte Druckverfahren. Die Herausforderung bestand darin, dass extrem filigrane und feine Strukturen benötigt werden. Deshalb setzten die Wissenschaftler auf ein Verfahren namens Metall-Binder-Jetting. Dabei werden die einzelnen Titanschichten zunächst ausgebracht und danach verdichtet – oder wie der Fachmann sagt: gesintert.

Die Behandlungszeiten könnten um bis zu sechzig Prozent sinken

Weitere Fraunhofer-Einheiten haben sich mit Themen wie der biologischen Verträglichkeit und der mechanischen Belastbarkeit der so produzierten Implantate beschäftigt. Am Ende wurde nun ein Verfahren entwickelt, dass gleich eine ganze Reihe an Vorteilen mit sich bringt. Zum einen erhöht sich – wie bereits erwähnt – die Beweglichkeit der Finger im Vergleich zu den heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden signifikant. Außerdem können auch komplexe und nicht standardmäßige Fälle akkurat behandelt werden. Das gesamte Verfahren wiederum ist weitgehend automatisiert und aufeinander abgestimmt. Erste Prognosen haben daher ergeben, dass sich die Zeit zwischen Diagnose und Einsetzung des Implantats um rund sechzig Prozent reduzieren könnte. Dies würde unter anderem auch die Krankenhäuser und Krankenkassen entlasten. Voraussetzung ist allerdings eine offizielle Zulassung. Diese wurde nun beantragt. Die im Rahmen der Forschungsarbeit erreichten Innovationen sind zudem nicht rein zweckgebunden, sondern können auch bei vielen weiteren Problemstellungen genutzt werden.


Via: Fraunhofer

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