Die Beschleunigung von Protonen unter Einsatz von Laserplasma verspricht kompaktere und energieeffizientere Anlagern als die derzeitig vorrangig verwendete Radiowellen-Beschleunigung. Die Technologie steckt derzeit allerdings noch in den Kinderschuhen. Forscher:innen des Helmoltz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) ist nun ein signifikanter Fortschritt gelungen, in dessen Rahmen sie den bisherigen Rekord für die Protonenbeschleunigung mittels Laserplasma deutlich übertreffen konnten. Die dahinter stehende Technologie könnte interessante Anwendungsmöglichkeiten in der Medizin und der Materialtechnik eröffnen.


Bild HZDR / Blaurock

Neuer Ansatz bringt Rekordwerte

Bei der Laserplasma-Beschleunigung kommen, wie der Name bereits nahelegt, Laser statt starke Radiowellen zur Beschleunigung der Teilchen zum Einsatz. Dabei feuern extrem kurze, hochintensive Laserpulse auf dünne Folien und erhitzen diese so stark, dass Elektronen aus ihr hervortreten, während die Atomrümpfe in dem Material verbleiben. Die entgegengesetzte Ladung der Elektronen und Atomrümpfe lässt zwischen ihnen kurzzeitig ein starkes elektrisches Feld entstehen, das einen Protonen-Pulk innerhalb weniger Mikrometer fortschleudern kann. Dabei werden Energien freigesetzt, für die beim Einsatz konventioneller Radiowellen-Beschleunigung lange Anlagen nötig sind.

Bisher war die Technologie jedoch auf Protonenenergien von maximal 100 MeV begrenzt. Zusätzlich waren sehr große Lasersysteme nötig, um diese Energien zu erreichen. Das Team des HZDR rund um die Physiker Karl Zeil und Tim Ziegler verfolgten einen neuen Ansatz, mit dessen Hilfe sie hofften, deutlich kleinere Lasersysteme verwenden zu können. Dabei kam eine Eigenschaft der Laser zum Tragen, die im Grunde als Nachteil gesehen wird. „Die Energie eines Pulses setzt nicht sofort ein, wie es idealerweise der Fall wäre. Stattdessen eilt ihm ein kleiner Teil der Laser­energie bereits voraus, gewisser­maßen als Vorhut“, erläutert Ziegler.


Makel in der Lasertechnologie bringt Fortschritt

Diesen „Makel“ der Laserimpulse machten sich die Forscher:innen zunutze. Wenn das vorauseilende Licht in einer Vakuumkammer auf eine speziell angefertigte Plasmafolie trifft, verändert es diese auf eine spezifische Art und Weise: Die Folie expandiert und wird dabei heißer und dünner – sie zerfließt geradezu. Dies wirkt sich positiv auf den unmittelbar danach auftreffenden Hauptpuls aus. Eigentlich würde die Folie ihn zum Großteil reflektieren. Die Folie ist jetzt aber deutlich durchlässiger, sodass das Laserlicht tiefer ins Material eindringen kann.

Als Folge wird im Material eine komplexe Kaskade von Beschleunigungs­mechanismen ausgelöst. Dadurch werden die in der Folie enthaltenen Protonen deutlich stärker beschleunigt als es zuvor mit unserem DRACO-Laser möglich war“, erläutert Ziegler weiter. Es gelang, die Protonen-Energien von 80 MeV auf 150 MeV zu steigern. Dafür ermittelte das Team in mehreren Messreihen die perfekten Parameter für die Wechselwirkung. In den Versuchen fiel den Forscher:innen dann ein weiterer Effekt auf: Die Protonen zeigten eine relativ enge Energieverteilung, was in etwa bedeutet, dass sie gleich schnell sind. Hohe und gleichmäßige Protonenenergien sind ein wünschenswerter Effekt, wenn es um spätere Anwendungsmöglichkeiten geht.

Technologischer Fortschritt mit praktischen Anwendungsmöglichkeiten

Zu den möglichen Anwendungen gehören etwa neue radiobiologische Konzepte für die schonende Behandlung von Tumorerkrankungen. Bei diesen Behandlungen werden aktuell große Therapiebeschleuniger zum Einsatz, um in kurzer Zeit hohe Strahlendosen zu applizieren. Derartige Beschleuniger sind relativ selten. Die Möglichkeit, kompakte Laseranlagen für die Behandlung zu nutzen, wäre daher ein großer Fortschritt. Ein weiteres mögliches Anwendungsgebiet ist die effiziente Erzeugung von Neutronen.

Bis praktische Anwendungen möglich sind, muss die Technologie allerdings weiter erforscht und verfeinert werden. So soll der Prozess etwa gezielter steuerbar werden. Das Team hält es außerdem für möglich, mit den Laseranlagen Protonenenergien von bis zu 200 MeV erreichen zu können.

via HZDR

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