Was das Weltklima und seine Veränderungen angeht, so rennt uns die Zeit davon. Wenn wir noch Hoffnung darauf haben wollen, die Erderwärmung auf ein Niveau von maximal 1,5 Grad im Vergleich zu den präindustriellen Durchschnittswerten begrenzen wollen, müssen wir deutlich drastischere Klimasschutzmaßnahmen ergreifen, um die CO2-Emissionen so schnell wie möglich zu senken. In der wissenschaftlichen Community besteht diesbezüglich Einigkeit, und zu diesem Schluss kommt auch der Weltklimarat, der kürzlich seinen aktuellen Bericht veröffentlichte. Unter das Label eines „drastischen Schritts“ könnte die Idee des tschechisch-österreichischen Physikers Radko Pavlovec fallen. Er möchte beschichtete Sandsäcke, sogenannte Lumobags, in der Wüste verteilen, die die einfallende Sonnenenergie reflektieren.


Bild: SCIENCE MOONSHOT/N+P INNOVATION/Lumobag

Mit Sandsäcken gegen den Klimawandel

Weltweit steigen die CO2-Emissionen weiterhin, anstatt dass sie – wie es notwendig wäre – fallen. Und das, obwohl inzwischen vieles darauf hindeutet, dass uns bei einer Erwärmung von mehr als zwei Grad im Vergleich zu präindustriellen Werten das Erreichen mehrerer Kipppunkte droht, die zu irreversiblen Veränderungen führen würden. Dem Physiker Pavlovec zufolge könnte dies mit Hilfe von Sandsäcken verhindert werden. Diese sollen mit einer Folie mit einer dünnen Aluminiumbeschichtung überdeckt in der Wüste ausgelegt werden, um so die Strahlung der Sonne zu reflektieren und Treibhausgasemissionen zu kompensieren. Dabei strebt Pavlovec eine Fläche von etwa 40.000 Quadratkilometern an, die mit den Sandsäcken bedeckt werden müsste. Dies entspricht etwa der Fläche Österreichs, was zwar nicht wenig ist, aber im Verhältnis zu der Wüstenfläche auf der Welt auch nicht besonders viel. „Verglichen mit den 150.000 Quadratkilometern an Wald, die jedes Jahr der Rodung zum Opfer fallen, ist diese Fläche ziemlich überschaubar„, so Pavlovec. Seine Idee stellte der Physiker vor einigen Tagen auf dem interdisziplinären Workshop „Science Moonshot“ in München vor.

Umsetzung theoretisch möglich, aber teuer

Eine Umsetzung dieser Idee in diesem Umfang, so Pavlovec, könnte den Temperaturanstieg auf die magische Grenze von 1,5 Grad Celsius beschränken. Theoretisch könnte die benötigte Fläche auch bis 2031 mit Säcken ausgelegt werden. Die Säcke müssten dann allerdings vor Ort mit Sand befüllt werden, und außerdem wäre eine automatisierte Methode zum Auslegen der Fläche. Eine erste Pilotanlage ist auch schon geplant: Sie soll in den nächsten zwei Jahren im Süden Spaniens entstehen und eine Grundfläche von 16 Quadratkilometern haben. Nach vier Jahren ließe sich diese Pilotanlage auf eine größere Fläche ausweiten. Die Säcke sollen Sturmspitzen von bis zu 150 Stundenkilometern widerstehen können, die in Wüsten immer wieder vorkommen. Beschädigte Säcke könnten einfach ausgetauscht werden.


Die tatsächliche Höhe der Reflexion ließe sich über Satelliten messen. Allein die Pilotanlage könnte zu Beginn die CO2-Emissionen eines Kohlekraftwerks mit einer Gesamtleistung von 2.500 Megawatt kompensieren. Allerdings, so räumt Pavlovec ein, wäre die komplette Umsetzung seiner Idee auch mit größeren finanziellen Herausforderungen einhergehen. Der Physiker rechnet mit Kosten von 5 Euro pro Sack für die Herstellung und Befüllung. Hinzu kämen dann noch die Kosten für das Ausbringen der Säcke sowie ihren regelmäßigen Austausch, sodass Kosten in Höhe mehrerer Milliarden Euro im Jahr entstünden. Pro Quadratkilometer rechnet der Pavlovec zudem mit einem Verbrauch von 100 Kilogramm Aluminium. Der Physiker selber sieht seine Idee nicht als Ersatz für die Energiewende, die er nach wie vor als notwendig erachtet, sondern als Notmaßnahme, um das Erreichen von Kipppunkten zu verhindern.

Bei einer vollständigen Umsetzung des Projekts würde Pavlovec dieses auf mehrere Regionen verteilen und außerdem ausreichend Freiraum zwischen den Säcken lassen, um die Auswirkungen auf die Ökosysteme in der Wüste so gering wie möglich zu halten. Die Auswirkungen lokaler Temperaturdifferenzen, die durch die Reflexionen entstehen können, schätzt Pavlovec eher als vernachlässigbar ein. Außerdem habe man viel Kontrolle über die Auswirkung der Maßnahme, da die Sandsäcke sich im schlimmsten Fall relativ schnell wieder entfernen ließen.

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