Das verfügbare Platzangebot ist ein limitierender Faktor für Weltraumteleskope. Denn die Observatorien müssen ins All transportiert werden, wofür sie in die Trägerrakete passen müssen. Das bedeutet, dass die Spiegelgröße für die Teleskope im All begrenzt ist oder die Limitierungen mit komplizierten und riskanten Klappkonstruktionen wie etwa beim 25 Quadratmeter großen Primärspiegel des James-Webb-Teleskops umgangen werden müssen. Eine neue Technologie könnte die Spiegel von Weltraumteleskopen in Zukunft leichter, größer und flexibler machen. Forscher:innen haben eine Möglichkeit gefunden, die Spiegelmembran in hauchdünner und biegsamer Schlüsselform herzustellen. Die neuartigen Spiegel können für den Transport zusammengerollt und dann vor Ort im All entfaltet werden.


Bild: Sebastian Rabien, MPE

Flexible Spiegel nutzen den verfügbaren Platz besser

Nicht nur das Platzangebot in den Trägerraketen ist ein limitierender Faktor, sondern auch ihre Tragkraft. Die Spiegelkonstruktion muss nicht nur in die Rakete passen, sondern auch möglichst leicht sein. Die Lösung für diese Problematik könnte in hauchdünnen, flexiblen Membranspiegeln liegen, die für den Start in der Trägerrakete einfach aufgerollt werden. „Dieser neue Ansatz – der sich stark von den üblichen Verfahren zur Herstellung und zum Polieren von Spiegeln unterscheidet – könnte dazu beitragen, die Probleme in Bezug auf Gewicht und Volumen der Nutzlast zu lösen„, Sebastian Rabien vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik.

Die neue Technologie basiert auf einer Vakuumkammer mit einem rotierenden, mit ein wenig Flüssigkeit gefüllten Behälter. Die Rotation führt dazu, dass die Flüssigkeit eine perfekte Parabelform annimmt, wie sie für den Teleskopspiegel benötigt wird. „Es ist schon bekannt, dass rotierende Flüssigkeiten, die an der lokalen Schwerkraftachse ausgerichtet sind, von Natur aus eine paraboloide Form einnehmen„, so Rabien. Gemeinsam mit seinem Team hat er diese natürliche Vorgabe nun erstmals für die Erzeugung eines maßgeschneiderten Teleskopspiegels genutzt.


Verbesserung für Weltraumteleskope

Dieser Teleskopspiegel entsteht durch Einsatz chemischer Dampfphasenabscheidung. Gasförmige Grundeinheiten eines Polymers werden in die Vakuumkammer eingeleitet und lagern sich in einer gleichmäßigen Schicht auf der gewölbten Oberfläche der Flüssigkeit ab, wo sie sich zum Polymer verbinden. Im Normalfall wird dieses Verfahren eingesetzt, um Beschichtungen auf eine Oberfläche aufzubringen, aber in diesem Fall dient die Methode dazu, den Trägerfilm für den Membranspiegel zu formen.

Wenn das Polymer dick genug ist, wird auf der Oberfläche eine reflektierende Metallschicht aufgebracht und in die Flüssigkeit abgewaschen. Diese Schicht kann etwa aus Aluminium oder Gold bestehen. Dieser Vorgang resultiert in einem maßgeschneiderten Teleskopspiegel in der gewünschten Form, der flexibel und biegsam ist. Den Forscher:innen gelang es bereits, Prototypen dieser Membranspiegel mit einem Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern zu erzeugen.

Damit haben wir die grundsätzliche Machbarkeit dieser Methode bewiesen. Man kann damit leichte Spiegel herstellen, die 15 oder 20 Meter Durchmesser haben. Damit wären Weltraumteleskope möglich, die um Größenordnungen leistungsfähiger sind als die bisher ins All gebrachten oder noch geplanten, erklärt Rabien.

Licht und Wärme justieren den Spiegel

Nach dem Ausbringen im Weltraum müssen die Membranspiegel noch die für hochauflösende und scharfe Bilder nötige Feinjustierung durchlaufen. Auch hierfür fanden die Wissenschaftler:innen eine Lösung. Dank einer adaptiven Methode kann die Form des Spiegels mithilfe gezielter, lokal konzentrierter Erwärmung und Abkühlung kontrolliert werden. Für die Steuerung der Temperatur kommt eine räumlich variable Lichtprojektion zum Einsatz.

Die Forscher:innen arbeiten nun daran, die Steuerung des Systems noch weiter zu verfeinern und herauszufinden, wie gut die Oberfläche der Membran angepasst werden kann und welches Maß an Verformung toleriert werden kann. Untersuchen wollen sie dies an Spiegeln mit deutlich größerem Durchmesser.

via Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik

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